Simeon Wade: Foucault in Kalifornien

Der Himmel ist explodiert, und die Sterne regnen auf mich herab. Ich weiß, dass das nicht wahr ist, aber es ist die Wahrheit.“ (S. 86)

Fanboys überreden einen weltberühmten Philosophen, in der Wüste zu trippen? „Foucault in Kalifornien“ beschreibt den Besuch des französischen Star-Philosophen Michel Foucault bei dem jungen Dozenten Simeon Wade in Kalifornien im Frühsommer 1975, der in einem LSD-Trip auf den vielfarbigen Hängen der Artist’s Palette im Death Valley gipfelt – unterlegt mit den Klängen von Bach und Stockhausen.

Vor uns am Horizont schrammte die Sonne am Gipfel des Telescope Peak entlang und blutete in das 3.500 Meter darunterliegende Tal.“ (S. 78)

Ich habe es genossen, dieses 174-seitige Buch zu lesen, doch irgendwie hatte ich mehr erwartet. Vermisst habe ich tiefgreifende philosophisch-geisteswissenschaftliche Gedankengänge gemixt mit Fear and Loathing in Las Vegas-Vibes. Vor allem aber hat mir die Trip-Beschreibung gefehlt, die Empfindungen und Eindrücke Foucaults auf seiner Visionssuche.

Beim Lesen hatte ich das Gefühl, als wäre die Geschichte eine Konstruktion, nicht etwas, das tatsächlich so passiert ist.

Im Schlussteil wird Foucault gefragt, was er tun würde, wenn er am Pariser Flughafen mit Marihuana im Gepäck erwischt werden würde. Er meint, er würde eine Stellungnahme an das französische Volk abgeben zur Entkriminalisierung dieser Drogen.

Ich würde auf die Absurdität hinweisen, dass Jungs wegen zwei Gramm eingesperrt werden, während unsere Kultur Alkohol propagiert.“ (S. 154)

Die im Buch dokumentierte, sagenumwobene Erfahrung mit der „Frucht vom Baum der Erkenntnis“ im Death Valley habe Foucaults Denken und seine späte Philosophie nachdrücklich beeinflusst, so glaubt Simeon Wade. Doch vielleicht beruht die geistige Veränderung nicht auf den Halluzinogenen, sondern ist schlicht die Essenz von Foucaults philosophischen Schaffens.

Simeon Wade: Foucault in Kalifornien: Wie der große Philosoph im Death Valley LSD nahm – eine wahre Geschichte.
Aus dem Englischen übersetzt von Tino Hanekamp.
Kiepenheuer&Witsch, August 2022.
176 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.

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