Sally Hepworth: Anna Forster erinnert sich an die Liebe

Anna ist 38 Jahre alt, als sie die niederschmetternde Diagnose erhält: Alzheimer. Wie schon ihre Mutter, die in vergleichbarem Alter von der Krankheit getroffen wurde, ist Anna dazu verdammt, immer weiter abzubauen und ihre Erinnerungen zu verlieren. Doch Anna will sich nicht geschlagen geben und vor allem keinem zur Last fallen. Sie setzt ihren Bruder als Vormund ein und zieht in ein Altersheim der besonderen Art, in dem auch ein weiterer junger Patient mit einer Gedächtnisstörung lebt. Luke geht mit seinem Handicap ganz anders um als Anna. Während sie sich eher zurückzieht, nimmt Luke am Leben teil. Kann das der richtige Weg sein? Anna ist neugierig auf Luke.

Sally Hapworths Geschichte ist etwas ganz Besonderes. Sie wird in zwei Erzählsträngen ausgebreitet. Anna erzählt, was vor 15 Monaten passiert ist, den Einzug in das Heim, ihr Ankommen dort, die zunehmenden Gedächtnislücken. Die Köchin Eve erzählt von ihrem eigenen Leben, wie sie im Heim anfing zu arbeiten, wie es Anna in der Gegenwart geht. Hapworth gelingt dabei eine ganz besondere Geschichte über die Liebe. Können zwei Menschen, die nicht mehr völlig Herr ihrer geistigen Fähigkeiten sind, überhaupt Liebe empfinden? Und wie verhindert man, dass einer von ihnen vom anderen ausgenutzt wird? Das sind eher Fragen, die sich die Umstehenden und die Verwandten stellen. Luke und Anna haben ganz andere, nicht weniger brisante Fragen an sich selbst und einander.

Die Geschichte berührt und ist witzig zugleich. Denn nach und nach lernt man auch den ein oder anderen schrulligen Bewohner kennen. Das Heim, welches Anna ausgesucht hat, ist nur klein gehalten, ein gutes Dutzend Bewohner lebt in ihm. Neben Luke und Anna sind es eher klassische Senioren mit Gedächtnisproblemen oder körperlichen Einschränkungen. Das Leben mit ihnen wird für Anna und das Personal immer öfter zur Zerreißprobe. Wenn dann noch Annas Gedächtnislücken und bald völliger -verlust hinzukommen, ist das Chaos vorprogrammiert.

Eine sehr schöne, berührende und besondere Geschichte, die es zu lesen lohnt!

Sally Hepworth: Anna Forster erinnert sich an die Liebe.
Blanvalet, Juni 2018.
384 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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