Robert & Edward Skidelsky: Wie viel ist genug? Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens

Layout 1Die britischen Autoren Robert und Edward Skidelsky sind Vater und Sohn. Robert Skidelsky ist Wirtschaftswissenschaftler und wurde in der Vergangenheit durch seine umfangreiche Biographie John Maynard Keynes‘ bekannt. Sein Sohn Edward ist Philosophieprofessor an der Universität Exeter.

„Wie viel ist genug“ ist ein weitgehend populärwissenschaftliches Gemeinschaftswerk der Beiden.

Die ersten Kapitel führen uns in die Vorstellungwelt von Philosophen und Ökonomen der Vergangenheit. Insbesondere basiert das Buch der Skidelskys auf den Theorien von John Maynard Keynes. Keynes war ein britischer Ökonom des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts. Es war seine Überzeugung, dass die Menschheit in naher Zukunft an einen Punkt käme, an dem alle ihre Bedürfnisse erfüllt wären. Durch den technischen Fortschritt und die daraus folgende Steigung der Produktion wäre es allen Menschen daher möglich, zukünftig weit weniger arbeiten zu müssen und dadurch mehr Freizeit und somit Zeit für Muße zu haben.
Diese Muße, so die Skidelskys, ist die Basis dafür, uns zu einem besseren, einem „guten Leben“ zu führen. Natürlich ist das gute Leben nur dort möglich, wo ein gewisser Reichtum herrscht (so wie im größten Teil der westlichen Welt aktuell gegeben). Allerdings hat sich unsere Kultur in eine Richtung entwickelt, die uns dies unmöglich macht. Anstatt weniger zu arbeiten, um ein gutes Leben zu genießen, tun wir das Gegenteil um immer mehr konsumieren zu können. Unsere Sucht nach Geld als solchem und der Konsumzwang, dem wir uns unterwerfen, macht uns ein gutes Leben nicht mehr möglich.
Für die gegenwärtigen Generationen, die im wirtschaftlich weitgehend stabilen, von Kriegen und Armut verschonten westlichen Kapitalismus aufgewachsen sind, ist es ungemein interessant zu lesen, dass in der Vergangenheit ein „gutes Leben“ gänzlich anders interpretiert wurde. Spätestens seit den achtziger Jahren mit Ihrer „Lacoste es, was es wolle – Geld spielt keine Rolex“-Manier erschien jeder, der nicht dem Mammon hinterherjagte bestenfalls lächerlich bis bemitleidenswert. Ein gutes Leben – das war eben mehr und mehr Geld zu scheffeln und mit diesem Geld dann mehr und mehr zu konsumieren. Ganz anders sahen das zum Beispiel griechische Philosophen, die französischen Aufklärer und auch Karl Marx. Hier galten moralische und ethische Grundwerte als erstrebenswert.

Diese Werte finden sich wieder in den Basisgütern, die uns die Skidelskys gegen Ende des Buchs als Grundlage eines guten Lebens an die Hand geben. Dabei heben sie aber glücklicherweise nicht den Finger, machen uns Leser zu den Bösen und mahnen zu Konsumverzicht. Stattdessen richten sie ihre Ratschläge an die Politik. Alle Basisgüter (wie z. B. Respekt, Sicherheit, Gesundheit, Freundschaft) könnten zukünftig durch entsprechende politische Umsetzung erreicht werden.
Und was beim Lesen des Buchs wohl automatisch erreicht wird: Auch wir, die wir in einem „schlechten“ Leben gefangen sind, beginnen uns Gedanken zu machen. Und das ist sicher auch, was das Buch erreichen möchte.

Ich persönlich kann nicht daran glauben (und bedauere dies sehr), dass die Politik entsprechende Schritte unternehmen wird. Zu sehr sind Politik und Wirtschaft verknüpft. Und zu sehr wird die Wirtschaft von Menschen bestimmt, denen Wachstum und Gewinnmaximierung alles sind.
Ich schätze das Buch aber sehr als Augenöffner und Stoff zum Nachdenken für uns Normalverbraucher. Etwas weniger Fremdwörter im Text wären m.E. schön gewesen – ich vermute aber, hier ist einiges der Übersetzung aus der englischen Sprache, die sehr viele lateinische Begriffe beinhaltet, geschuldet.

Robert & Edward Skidelsky: Wie viel ist genug? Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens.
Kunstmann Verlag, März 2013.
280 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Pia Konle.

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