Richard Hughes: In Bedrängnis (1938)

bedIm Grunde genommen braucht ein Autor nicht viele Zutaten, um einen packenden und zugleich informativen Roman zu schreiben.
Richard Hughes benötigt für seine Abenteuergeschichte „In Bedrängnis“ lediglich ein Dampferschiff auf hoher See und einen in die Quere kommenden, gigantischen Hurrikan.
Zunächst sah es für den unscheinbaren und erfahrenen Kapitän Edwardes so aus, als könne er das angekündigte Unwetter umschiffen. Jedoch jedes noch so raffinierte Ausweichmanöver hilft nicht, als ein zweiter, bisher unerkannter Hurrikan das Dampfschiff mit sich reißt. Die Macht des Wassers und des Windes haben ihre eigenen Regeln. Auf dem Schiff gehen alle Rettungsversuche ins Leere, als das Steuerrad den Dienst verweigert. Und kurz darauf, während der Hurrikan seinen Zerstörungskampf am Schiff immer weiter und weiter treibt, gibt es neue technische Probleme. Die Heizkessel können nicht mehr befeuert werden. Kapitän Edwardes befehligt nun ein Schiff ohne Dampf und Ruder. Kein Dampf bedeutet aber auch kein Strom, kein Trinkwasser, kein Essen und was am schlimmsten ist, kein erkennbares Ende. Die Mannschaft kämpft gegen gewaltige Wassermassen, die alles zerschlagen und tonnenweise in den Frachtraum strömen. Und dann ist da noch die allgegenwärtige lähmende Angst, der Hunger, Durst und Schlafmangel. Als die Qualen unerträglich werden, bedroht ein Aufruhr unter den chinesischen Matrosen den letzten kleinen Rest an Handlungsfähigkeit.
Der Leser wird in ein spannendes Abenteuer katapultiert. Beiläufig erfährt er viel über die Seefahrt und das Schicksal einiger Männer, die, schneller als ihnen lieb ist, zu Helden oder Memmen mutieren. Ein optisch beeindruckender Offizier, der auf jeder Gesellschaft den Kapitän in den Schatten stellt und dem man in puncto Erfahrung und Moral ebenfalls viel mehr zutraut, bekommt bei diesem noch nie dagewesenen Unwetter seine Chance.
Der Engländer Richard Hughes (1900 – 1976) veröffentlichte seinen Roman „In Bedrängnis“ 1938, zehn Jahre nach seinem Bestseller „Sturm über Jamaika“. Sein Gespür für Timing, feinsinnigen Humor, Ironie und Spannung machen aus dem Roman ein pures Lesevergnügen, dem man gern immer wieder folgen möchte.
Im Gedächtnis bleibt die Erkenntnis: Das Überleben aller wird zu einem Glücksspiel.

Richard Hughes: In Bedrängnis (1938).
Fischer, Oktober 2014.
256 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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