Rebecca Gablé: Die fremde Königin

Der Panzerreiter Gaidamar kennt weder seinen Vater, noch seine Mutter. Er wurde Um 930 einem Adeligen als Ziehsohn übergeben und weiß nicht mehr, als dass während seiner Kindheit ein adeliger Mann manchmal heimlich zu Besuch kam und dass das sein Vater gewesen sein muss. Eines Tages hörten die Besuche einfach auf.

Inzwischen ist Gaidamar erwachsen und ein erfolgreicher Panzerreiter – ebenso wie sein Ziehbruder. Aber Gaidamar wird ausgewählt, um die italienische Königin Adelheid und ihre Tochter aus der Gefangenschaft zu befreien zum zu König Otto zu bringen und das bindet ein Band, dass die beiden nie wieder werden lösen können.

Die fremde Königin ist bereits der zweite Teil von Rebecca Gablés Romanreihe um König Otto und schließt fast nahtlos an den ersten Teil an – es empfiehlt sich, diesen zuerst zu lesen, da der zweite Band ziemlich viele Andeutungen enthält, die dann einfach mehr Spaß machen. Auffällig fand ich, dass mit Gaidamar zwar eine fiktive Figur eine recht große Rolle hat, aber bei weitem ist das hier nicht so ausgeprägt wie in anderen Gablé-Romanen. Hat es mich gestört? Eigentlich nicht, nur kommen einem Adelheid und Otto nach kurzer Zeit wie fiktive Figuren vor, obwohl sie in diesem Fall historisch sind. Ich grüble noch darüber nach, ob das gut oder schlecht für mich ist. Spannend war es jedenfalls. Es scheint, als steige ich in die deutsche Geschichte so gemächlich ein, wie damals in die englische. Ein guter historischer Roman hier, einer dort und Schwups, geht die Bachelor-Arbeit über Henry V, dort durfte ich ihn nicht Prinz Harry nennen. Die fremde Königin geht im Gegensatz zum ersten Band ein kleines bisschen weg von dem großen Thema der Christianisierung des Ostens, was damit zusammenhängt, dass z.B. Tugomir inzwischen seinen Weg gefunden hat und man nicht mehr ständig darauf herumreiten muss. Erstaunlich finde ich persönlich, dass überhaupt kein Fanatiker auftaucht. Die Christianisierung im Hochmittelalter ist ja eher leidenschaftlich betrieben worden und ich rechne es der Autorin hoch an, dass sie das Thema „blinder Fanatismus“ – vielleicht mit einem Auge auf die heutige Zeit – geschickt umschifft hat.

Die fremde Königin ist eine gelungene Fortsetzung der Geschichte der Ottonen. Deutsche Geschichte ist für mich immer deswegen so „ach nee“ gewesen, weil die Verwandtschaftsverhältnisse so komplex sind. Wie einfach ist doch dagegen England, wenn die hundert Adelsfamilien hatten, wäre das hochgegriffen, mit zehn wichtigen kommt man durch die Stammbäume schon sehr gut durch. Deutschland dagegen hat auch noch großzügig nach Nord-, Süd- und Ost geheiratet und nach grad mal 200 Jahren tauchen da Dynastien auf, die man überhaupt nie auf dem Schirm hatte. Rebecca Gablé versteht es meisterhaft, die Linien so einzustampfen, dass nur die auftauchen, die für den Roman wichtig sind, ohne dass man als Leser das Gefühl hat, sie hätte was unterschlagen. Das ist wirklich eine große Kunst, andere Autoren kriegen das nicht immer so hin. Entweder man wird mit Adelshäuser überschwemmt, die im Roman überhaupt keine Rolle spielen, oder es taucht ausgerechnet die historische Person nicht auf, die man zufällig gerade kennt. Bei Rebecca Gablé stellt sich diese Frage irgendwie nie. Sie kriegt es hin, dass man einfach in den Roman eintaucht und hinterher ein wenig schlauer wieder auftaucht.

Rebecca Gablé: Die fremde Königin.
Bastei Lübbe, April 2017.
768 Seiten, Gebundene Ausgabe, 26,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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