Peter Stamm: Wenn es dunkel wird: Erzählungen

Unheimliche Geschichten seien in dem Erzählband „Wenn es dunkel wird“ von Peter Stamm versammelt, heißt es im Klappentext. Das Element des Unheimlichen kommt hier jedoch eher auf leisen Sohlen – oft fast unbemerkt – daher. Geister, Zombies und Vampire sucht man vergebens.

Am stärksten ist es vermutlich in der Geschichte „Supermond“ vertreten, als ein Mann, der kurz vor seinem Eintritt in den Ruhestand steht, mehr und mehr verschwindet. Seine Kollegen und auch seine Frau nehmen ihn immer weniger wahr – eine Art von Horror, mit der in milderer Form sicherlich auch im richtigen Leben so mancher Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation zu kämpfen hat.

Besser ließe vielleicht von etwas „Untergründigem“ sprechen, das sich in auf den ersten Blick ganz normale Begebenheiten schleicht.

Wir treffen zum Beispiel eine junge Frau, die für eine Skulptur Modell steht und später eine fast schon krankhafte Hingezogenheit zu ihrem kunstvollen Ebenbild entwickelt, oder eine andere Frau, die sich beim Landgang einer Schiffsreise plötzlich in der Wohnung eines geheimnisvollen Wahrsagers wiederfindet. In einer weiteren Geschichte gibt sich ein Ehemann für den Liebhaber seiner Frau aus und tauscht mit ihr zweideutige E-Mails.

Was dieses Buch ausmacht, ist seine enorme Vielseitigkeit. Keine der Geschichten ist mit einer anderen vergleichbar. Und wie es das Wesen von Kurzgeschichten ist, haben viele von ihnen offene Enden. Immer jedoch sind sie stilistisch hervorragend geschrieben – fast ein wenig lakonisch – und höchst unterhaltsam. Dank einer Verknappung aufs Wesentliche hat die Langeweile hier keine Chance.

Peter Stamm ist ein 1963 geborener Schweizer Autor, der zunächst keinen Verlag fand. Inzwischen gehört er zu den renommiertesten und vielfach ausgezeichneten deutschsprachigen Autoren – unter anderem mit dem Schweizer Literaturpreis.

Peter Stamm: Wenn es dunkel wird: Erzählungen.
Fischer, September 2020.
192 Seiten, Gebundene Ausgabe, 21,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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