Peter Schmitz: Golgatha: Ein Kriegsroman (1937)

kriegIm Erinnerungsjahr 2014, 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs, wimmelt es auf dem Buchmarkt nur so von Veröffentlichungen zu dem Thema; das betrifft in erster Linie Sachbücher, aber auch die Belletristik, bei der es zu zahlreichen Neudrucken kommt. Jedem bekannt, nicht zuletzt durch die zahllosen Wiederholungen seiner Verfilmung im Fernsehen: „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque. Zum Zeitpunkt seiner Erstveröffentlichung Ende der Zwanziger Jahre kein Einzelfall: Rund 200 Romane aus dieser Zeit befassten sich mit der Aufarbeitung des Kriegsgeschehens.
Ein im Gegensatz zu Remarque heute völlig vergessener Roman dieser Zeit hat erst jetzt, knapp achtzig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, den Weg zur deutschen Leserschaft gefunden: „Golgatha“ von Peter Schmitz. Der Autor aus Eupen hat nur diesen einen Roman geschrieben, der den Weg in den deutschen Buchhandel nach der Machtergreifung der Nazis nie gefunden hatte. In diesem Roman, der sich stilistisch und formal an seinem Vorbild Remarque orientiert, stellt Schmitz durch seinen Protagonisten das Geschehen hautnah und packend dar. Auch aus heutiger Sicht handelt es sich um einen mit sicherer Hand entworfenen Roman mit flüssigem Stil: Sachlich und doch zupackend und mit einer eigenen, kraftvollen Sprache führt der Autor den Leser über die Schlachtfelder Nordfrankreichs, in die Schützengräben, ins Lazarett. Viel deutlicher als der berühmte Remarque formuliert Schmitz sein pazifistisches Urteil über den Krieg, den er als „Irrenhaus“, „Schlachtbank“, „Wahnsinn“ bezeichnet. Sein Protagonist Paul Bürger zieht am Ende Bilanz: „Der Krieg ist ein Verbrechen gegen die Menschheit, ich verdamme den Krieg!“
Schmitz hatte wesentlich intensiver als Remarque den Krieg am eigenen Leib erfahren: Von Anfang bis Ende hatte er ihn in allen Facetten kennen gelernt. Als Deutscher im deutsch-belgischen Grenzgebiet hatte er – anders als die meisten Deutschen – eine andere Perspektive entwickeln können. Von dieser Vielfalt der Wahrnehmung lebt auch sein Roman. Von Anfang an wird die Darstellung der belgischen Feinde durch das Reich als Gräuelpropaganda entlarvt, von Beginn an werden der nationale Rausch und die Kriegsbegeisterung durchbrochen von Zweifeln. Schmitz, beziehungsweise sein Protagonist, erweist sich hier als sensibler Beobachter, der Stimmungen ertastet und diese auch darzustellen vermag.
Ist Schmitz der bessere Remarque? Das mag der Leser beurteilen. Er ist in seinem Urteil sicher eindeutiger. So oder so gibt es hier eine wahre Neu-Entdeckung zu machen. Und man kann dem Donat-Verlag nur danken, dass er dieses Buch (endlich) der deutschen Leserschaft schenkt – und das auch noch in einer wundervollen Aufmachung mit biografischen Materialien, einer thematischen Einleitung und einem ausführlichen Nachwort. Möge Peter Schmitz endlich aus der Vergessenheit herausgelöst werden und sein Antikriegsroman viele Leser finden!

Peter Schmitz: Golgatha: Ein Kriegsroman (1937).
Donat, Mai 2014.
336 Seiten, Gebundene Ausgabe, 16,80 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Corinna Griesbach.

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