Peter Prange: Eine Familie in Deutschland: Am Ende die Hoffnung

Zunächst ein Hinweis: „Eine Familie in Deutschland“ ist als „Roman in zwei Bänden“ konzipiert. Ich empfehle, tatsächlich zunächst den ersten Teil, „Zeit zu hoffen, Zeit zu leben“, zu lesen, um gut in die Geschichte hineinzukommen. Wer den ersten Band noch nicht kennt und ihn lesen möchte, sollte diese Rezension lieber überspringen, da einige Details zur Sprache kommen, die sonst die Spannung rauben können.

1939, der Krieg hat begonnen, doch in Fallersleben und der „Stadt des KdF-Wagens“ geht es fast weiter wie in Friedenszeiten. Die Kämpfe sind noch fern und in der Wochenschau flimmern Erfolgsmeldungen über die Leinwand.

Doch erste Anzeichen der Veränderung sind auch im beschaulichen Wolfsburger Land zu spüren: Lebensmittel werden rationiert, auch der Zucker. Hermann Ising, der ehemalige Zuckerbaron, ist empört. Für seine Frau Dorothee ist das jedoch nur eine Nebensache. Ihr Jüngster, der kleine Willy, wurde in eine Heil- und Pflegeanstalt gebracht. Sie darf ihn nicht besuchen, kaum einmal mit ihm telefonieren und hadert mit der Entscheidung, ihn fortgegeben zu haben. War es wirklich das Beste für Willy? Würde er dort gut versorgt werden?

Wenigstens machen ihr die älteren Söhne keine Sorgen. Georg arbeitet nach wie vor in Stuttgart mit Professor Porsche an der Entwicklung des Volkswagens und ist vom Kriegsdienst freigestellt. Und auch Horst wird als Ortsgruppenleiter an der „Heimatfront“ benötigt.

Dagegen zieht die älteste Tochter Edda an die Front, allerdings nur an der Seite ihrer Freundin Leni Riefenstahl, die den Auftrag bekommen hat mit dem „Sonderfilmtrupp Riefenstahl“ einen Film über die deutschen Truppen zu drehen.

Charly macht sich Sorgen um ihren Mann Benny, der nach einer Odyssee über den Atlantik wieder in Europa gelandet ist. Für einen Juden in diesen unruhigen Zeiten nicht der beste Platz. Seit Wochen hat sie nichts von ihm gehört.

Peter Prange knüpft im zweiten Teil seines Romans „Eine Familie in Deutschland“ nahtlos an die Geschehnisse des ersten Bandes an. Die Leserinnen und Leser begleiten weiterhin nicht nur die Familie Ising, sondern auch Heinz-Ewald Pagels, Gilla Bernstein und ihre Eltern sowie Dorothees Bruder Carl Schmitt durch die Jahre 1939 bis 1945.

Die Themen und Geschichten in diesem Buch sind so vielfältig wie das Leben und die Zeit, in der es angesiedelt ist: Judenhass, Zwangsarbeit und Lagerleben, Anpassung und Mitläufertum, Widerstand und absolute Treue zum NS-System, Euthanasie und die Gräuel des Krieges, Intrigen, Verrat, Vertrauen und noch einiges mehr. Natürlich kommen auch die Liebe und die Freundschaft nicht zu kurz. Die Figuren gewinnen weiter an Profil und ich hatte stellenweise das Gefühl, zur Familie zu gehören. Alles spitzt sich zu, Menschen verändern sich unter dem Druck der Verhältnisse oder aus der eigenen Erkenntnis heraus. Und am Ende gibt es Gewinner, Verlierer, solche, die sich durchgekämpft haben und solche, die immer oben schwimmen.

Peter Prange schafft es auch in diesem zweiten Teil seiner Familiensaga, die Leserinnen und Leser mitzunehmen und tief in die Geschehnisse zu führen. Ihm ist ein historisch genauer, spannender und bewegender Roman gelungen, der mit seinen über 800 Seiten für mich vor allem im Mittelteil ein paar Längen hatte, der aber dennoch sehr lesenswert ist und den ich gerne allen empfehle, die historische Romane mit Tiefgang mögen.

Peter Prange: Eine Familie in Deutschland: Am Ende die Hoffnung.
Scherz, September 2019.
816 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Beate Fischer.

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