Oyinkan Braithwaite: Das Baby ist meins

Bambi ist 28 Jahre alt und weit davon entfernt, erwachsen zu sein. Er hangelt sich von Freundin zu Freundin durch. Verantwortung zu übernehmen, ist nicht sein Ding. Gerade ist er bei Mide rausgeflogen, weil sie auf seinem Handy verfängliche Nachrichten und Fotos entdeckt hat. Mitten im Corona-Lockdown muss er sich eine neue Unterkunft suchen. Da fällt ihm das alte Haus seines verstorbenen Großvaters ein. Bambis Onkel hatte darin gewohnt, doch der ist zum Opfer des Virus geworden. Und Bambis Tante ist doch sicher nicht alleine im Haus geblieben. Nicht mit einem neugeborenen Baby. Doch als sich Bambi im Dunkeln ins Haus schleicht, trifft er auf seine Aunty Bidemi. Und nicht nur das: Auch Esohe wohnt dort, die Geliebte seines Onkels. Es herrscht kein angenehmes Klima zwischen den beiden Frauen – das merkt sogar Bambi.

Und dann ist da noch das Baby: Remi, ein Junge, nur ein paar Monate alt. Aunty Bidemis Kind, denkt Bambi. Doch es dauert nicht lange bis Esohe behauptet: „Das ist mein Baby!“ Bambi ist verwirrt. Er hat keine Ahnung, wem er glauben soll. Mittlerweile hat der Kleinkrieg um das Baby an Fahrt aufgenommen. Die Frauen lassen sich kleine und große Gemeinheiten einfallen, um die jeweils andere auszustechen und den jungen Mann auf ihre Seite zu ziehen.

„Das Baby ist meins“ ist der zweite Roman der nigerianischen Autorin Oyinkan Braithwaite. Knapp und pointiert, stets mit einem Augenzwinkern gibt sie den Leserinnen und Lesern einen spannenden Einblick in die nigerianische Gesellschaft. Bambi ist zwar ein Macho erster Güte, aber irgendwie ist er (ganz tief drinnen) auch ein liebenswerter Kerl, der sich selbst nicht ganz ernst zu nehmen scheint. Die wirklich starken Persönlichkeiten haben die beiden Frauen. Und trotz der Kürze der Geschichte gelingt es der Autorin, die Figuren lebendig werden zu lassen. Die Handlung ist konzentriert wie ein Kammerspiel, denn im Lockdown darf man nicht hinaus, und genau das schafft eine fast klaustrophobische Atmosphäre, die derzeit viele Menschen nachvollziehen können.

Höchst unterhaltsam nimmt Oyinkan Braithwaite die Beziehung zwischen den Geschlechtern, das Patriarchat und die gesellschaftlichen Verhältnisse aufs Korn. Wie „Meine Schwester, die Serienmörderin“, den preisgekrönten ersten Roman der Autorin, lässt sich die Geschichte locker und leicht lesen, bleibt aber haften.

„Das Baby ist meins“ ist ein kleines Buch mit großem Unterhaltungswert. Kurz und knackig, spannend (wem gehört denn jetzt das Baby?), ironisch und mit sehr trockenem Humor.

Wer das mag, dem kann ich diesen Roman wärmstens empfehlen.

Oyinkan Braithwaite: Das Baby ist meins.
Blumenbar, Januar 2021.
128 Seiten, Gebundene Ausgabe, 15,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Beate Fischer.

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