Michael Macht: Hunger, Frust und Schokolade: Die Psychologie des Essens

Ein besseres Timing für das Erscheinen dieses Sachbuchs hätte man sich kaum ausdenken können. Jetzt, während der Pandemie, wo wir alle unserem Frust mit Essen begegnen und dadurch mehr zunehmen, als gut für uns ist, hilft diese Analyse unseres Essverhaltens.

Michael Macht, Psychotherapeut und Professor für Psychologie an der Universität Würzburg, legt hier sein erstes populärwissenschaftliches Buch vor. Und das ist ihm, meiner Meinung nach, durchaus gelungen.

In gut lesbarem, flott geschriebenem und leicht verständlichem Stil beschreibt er die Gründe für Hungergefühl, berichtet von verschiedenen Forschungsansätzen zu diesem Thema in der Vergangenheit und Gegenwart und reichert all das mit vielen anschaulichen und spannenden Beispielen an. Dass nicht immer ganz offensichtlich ist, ob es sich um authentische Beispiele aus der Praxis handelt oder um von ihm sehr kreativ erfundene, schadet dabei nicht. Er schildert nachvollziehbar die Probleme mit und vor allem die Ursachen für Essstörungen, wie beispielsweise Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating.

Nicht wirklich überraschend liegen diese Ursachen in unseren Emotionen, den Erinnerungen und den Gefühlen, die wir mit diesen Erinnerungen verknüpfen. Stress, Angst, aber auch Freude können Essattacken auslösen. Und wenn man die jeweiligen Auslöser nicht kennt, sich selbst nicht genau und vor allem ehrlich beobachtet, wird man das Essverhalten nicht ändern.

Natürlich kann man an äußeren Einflüssen nichts ändern. Wie das Beispiel aus Neuseeland zeigt, wo man zufälligerweise kurz vor dem großen Erdbeben in Christchurch in 2010 eine Erhebung zum Gesundheitszustand einer Gruppe von Frauen gemacht hatte. Bei einer Nachuntersuchung mehrere Wochen nach dem Beben zeigte sich, dass diese Frauen in Folge der emotionalen Belastung durch die Katastrophe danach mehr gegessen hatten als vorher. Und auch die eigene Vergangenheit, deren Folgen sich im gegenwärtigen Essverhalten zeigen, kann man nicht mehr ändern. Aber wenn man diesen Zusammenhang erkennt, kann man das eigene Verhalten ändern. Rückfälle sind dabei selbstverständlich nicht ausgeschlossen.

Auch einem anderen Phänomen kommt Michael Macht auf die Spur: warum wir Schokolade lieben und was sie mit unseren Emotionen macht. Vielleicht haben wir nach der Lektüre dieses Buches nicht mehr bei jeder Praline ein schlechtes Gewissen…

Mir hat das Buch gut gefallen, es vermittelt Wissen und gibt eine Handreichung, das eigene Verhalten mit und beim Essen zu beobachten und, wo nötig, zu ändern. In gewisser Weise ist das Thema derzeit sehr aktuell, ist das sogenannte „Intuitive Essen“ momentan doch in aller Munde. Dabei geht es ebenfalls darum, sich und das eigene Verhalten zu betrachten und zu verstehen, auf Hunger und Sättigungsgefühl zu achten und dem Körper und seinen Signalen zu vertrauen.

Das Buch von Michael Macht ist eine, wie ich finde, sehr geeignete Lektüre für jeden, der vielleicht an seinem aktuellen Essverhalten etwas ändern möchte. Es hilft dabei, den Anfang zu finden.

Michael Macht: Hunger, Frust und Schokolade: Die Psychologie des Essens.
Droemer, März 2021.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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