Matthew Reilly: Das Turnier

Wir schreiben das Jahr des Herren 1546. Das Osmanische Reich unter Sultan Süleyman dem Prächtigen weitet seinen Einfluss immer weiter aus. Die moslemischen Truppen halten Buda besetzt, es wird lautstark über eine erneute Belagerung Wiens nachgedacht. Von Konstantinopel aus ergehen rote Sendschreiben an die königlichen Höfe Europas. In diesen lädt der Sultan zu einem Turnier. Ein jeder Monarch soll den besten Schachspieler seine Landes entsenden um in der Hagia Sofia den Meister des Spiels zu ermitteln. Daneben enthalten die Briefe eine Drohung. Die Monarchen Europas können wählen – Gold für ihre Sicherheit, oder eine drohende Invasion.

Auch Heinrich VIII entsendet einen Vertreter. Begleitet wird dieser von dem Lehrer und Gelehrten Roger Ascham und Heinrichs Tochter aus der Ehe mit Anne Boleyns der 13-jährigen Elisabeth. Kaum in der Stadt am Bosporus angekommen, und noch bevor das Turnier beginnt, wird ein Abgesandter des Papstes im Topcapi Palast ermordet aufgefunden. Der Sultan bittet, nach Empfehlung Michelangelos, Asham um Nachforschungen nach Motiv und Täter. Begleitet von seiner Schülerin macht sich der Gelehrte auf, das Verbrechen, dem bald weitere Morde folgen aufzuklären …

Was ist das für ein Roman, den der Festa Verlag hier als zweiten Band von Action-Thrillerkönig Matt Reilly vorlegt? Statt wahnwitziger Action non-stop erwartet uns das Bild der Perle des Bosporus, die Wiege der modernen Zivilisation und der Machtzentrale des osmanischen Reiches. Verpackt in die faszinierende Kulisse des Orients im 16. Jahrhundert lässt er nicht nur die Zeit und ihre Figuren auferstehen, er präsentiert uns auch die faszinierende Suche nach dem Who Did It.

Ausgehend von der aufgeweckten Erzählerin, der jungen Elisabeth I lang vor ihrer Thronbesteigung, lässt er die Welt Konstantinopels in all ihrem kulturellen wie materiellen Reichtum, aber auch der Perversionen und die Dekadenz der Zeit aufleben. Sodomistische katholische Priester die damals, nicht anders als in unserer Zeit männlichen Kindern zugetan waren, die Welt der Harems, Opiumpfeifen und Orgien nimmt hier Gestalt an.

Inmitten dieser Ausschweifungen die puritanische Elisabeth und ihr sittenstrenger Lehrer, die sich mit Verve an die Aufklärung der Verbrechen machen. Das ist nicht nur ein auch in Einzelheiten faszinierendes, farbenprächtiges Sittengemälde, das hat auch etwas von einer Agatha Christie – verfolgen wir doch gebannt mit, wie sie die Indizien und Hinweise sichten und einordnen um dem Täter auf die Spur zu kommen.

Auch wenn der Autor für seine Verhältnisse, bildlich gesprochen, mit angezogener Handbremse schreibt, man atemlose Action-Szenen vergebens sucht, überzeugt der Plot und dessen Auflösung. Reilly konzentriert sich auf die Darstellung der historisch überzeugend dargestellten Welt, mischt diese Darstellung mit einem Detektivplot und löst das ganze ebenso überraschend wie in sich logisch auf.

Matthew Reilly: Das Turnier.
Festa, Oktober 2017.
416 Seiten, Taschenbuch, 13,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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