Mascha Vassena: Die Prophezeiung der Seraphim

seraParis, Sommer 1789. Der Ausbruch der Französischen Revolution steht bevor. An ihrem fünfzehnten Geburtstag stellt Julie Lagarde fest, dass sie über magische Kräfte verfügt. Außerdem erfährt sie, dass sie einen unbekannten Zwillingsbruder namens Ruben hat und ihr Vater ein leibhaftiger Engel ist. Dieser hält nicht nur ihre leibliche Mutter gefangen, sondern plant, die Menschheit mit Hilfe des Königs Louis XVI. zu unterjochen.
Als ihre Pflegeeltern bestialisch ermordet werden, flieht Julie aus Paris, um ihren Zwillingsbruder zu finden. Begleitet wird sie von dem jungen Adligen Nicolas, der noch eine Rechnung mit seiner verhassten Mutter offen hat und ihrem Jugendfreund Fédéric, der das Zusammenleben mit seinem gewalttätigen Vater nicht länger erträgt.

Doch Ruben schließt sich seiner Schwester und ihren beiden Begleitern nur widerwillig an. Julie möchte ihm unbedingt vertrauen, doch schon bald fürchtet sie, ihren Bruder an den einflussreichen Vater zu verlieren. Und die Zeit drängt, denn ihr Vater Cal setzt alles daran, die Zwillinge in seine Gewalt zu bekommen. Julie und Ruben sind die Einzigen, die zwischen ihm und der Macht über die Menschen stehen.

Manches an diesem Jugendfantasyroman Mascha Vassenas ist altbekannt und abgedroschen wie der Unterschlupf der Flüchtenden bei einem fahrenden Zirkus, manches überflüssig für die Handlung wie die Szene mit der Hexe Mathilde am Teich. Insgesamt aber kann Mascha Vassena den alten Legenden um die Seraphim und die Cherubim neue und originelle Aspekte abgewinnen. Ihre Engel sind komplexe Charaktere, zuweilen überirdisch schön, manchmal abgrundtief böse.

Die Figuren, besonders die Protagonistin Julie, sind psychologisch stimmig und feinfühlig ausgearbeitet. Julie muss durch den grausamen Mord an ihren Pflegeeltern auf einen Schlag erwachsen werden und droht an der ihr aufgebürdeten Aufgabe zu scheitern. Ängste und Zweifel stellen immer wieder ihren mutigen Entschluss in Frage, sich dem mächtigen Vater entgegenzustellen.
Ihr Bruder Ruben erscheint zunächst schwach und anfällig für die Verlockungen der Erzengel, entdeckt jedoch ungeahnte Kräfte in sich. Der Adlige Nicolas ist ein ambivalenter Charakter, den Julie nicht wirklich einschätzen kann. Einzig auf ihren Jugendfreund Fédéric scheint Verlass zu sein.

Die Spannung des Romans erwächst aus den Konflikten der Figuren, die auf ihrer Suche nach Julies und Rubens Vater Cal viel über sich selbst erfahren und sich entwickeln müssen, um ihre wenig aussichtsreiche Mission zu Ende zu bringen.

Warum die Autorin die Geschichte während der Französischen Revolution ansiedelt, hat sich mir bei der Lektüre nicht erschlossen. Der historische Rahmen schafft nicht mehr als eine pittoreske Beigabe. Für die Handlung macht es keinen Unterschied, ob die Geschichte im Mittelalter, in der Renaissance oder in der Jetztzeit spielt.

Fazit: Ein spannender Jugendroman, der leider sein Potential (noch) nicht ganz ausschöpfen kann.

Mascha Vassena: Die Prophezeiung der Seraphim.
Heyne, Oktober 2012.
416 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Martina Sprenger.

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