Mary Miller: Always Happy Hour

Die US-Amerikanerin Mary Miller (Jahrgang 1977) debütierte 2013 mit dem Roman „Süßer König Jesus“. Danach erschienen 2017 die Kurzgeschichten „Big World“. Beide Bücher wurden hochgelobt. Nun veröffentlichte Hanser Berlin im Carl Hanser Verlag am 17. Mai 2021 ihren neuen Erzählband „Always Happy Hour“ in einer Übersetzung von Stefanie Jacobs.

Darin finden sich elf kurze Erzählungen über junge und nicht mehr ganz so junge weiße Amerikanerinnen, die sich durch ihr Leben lavieren. In „Anleitung“ erhält eine Frau von ihrem Freund genaue Anweisungen darüber, wie sie seine Wohnung in seiner Abwesenheit (er läßt sich ein neues Tattoo in San Francisco stechen) zu hüten hat. Leider scheint eine der Katzen eine Rasierklinge verschluckt zu haben.

Die Betreuerin in einem Übergangsheim für misshandelte und vernachlässigte Kinder verliert in „Big Bad Love“ ihr Herz rührend aussichtslos an Diamond, einem kleinen Mädchen, das von seinem Vater missbraucht wurde.

In „Er sagt, ich bin ein kleiner Ofen“ geht ein Pärchen mit den Eltern des Mannes auf Kreuzfahrt, die er im Glücksspiel gewonnen hat. Sie machen so lange Fotos von sich wie Kate Winslet und Leonardo di Caprio in „Titanic“, bis sie „perfekt glücklich aussehen“.

In der Titelgeschichte „Always Happy Hour“ verliebt sich Alice in Richie, der einen kleinen Sohn hat. Und sie versucht, die Liebe festzuhalten.

Shelly, die Lottomillionärin, fliegt immer „Erste Klasse“. Sie steigt mit ihren Freundinnen, denen sie immer die gleiche Kette schenkt, in den besten Hotels ab. Auch in Miami. Dafür muß die Freundin nach ihrer Pfeife tanzen und sich fragen, warum sie sich in Situationen bringt, in denen sie nicht sein will.

Mary Millers Erzählungen sind wie der Kater nach der „Happy Hour“. Die unglücklichen Frauen in ihren Geschichten sind unzufrieden mit ihrem Leben, wissen aber nicht, wie sie es verändern sollen. Sie langweilen sich mit den falschen Männern, sie trinken zu viel Alkohol, sie nehmen Tabletten oder Drogen. Das erinnert sehr an die Storys aus „Big World“. Dort wie in diesem Buch scheint die Zukunft hoffnungslos. Und wenn es eine gibt, dann haben die Frauen eine Scheißangst davor, sie zu versauen: So heißt es in der Geschichte „Das Haus an der Main Street“:

„Versau es nicht, denn wenn du einmal mit dem Versauen anfängst, ist es wahnsinnig schwer, wieder damit aufzuhören, bis du irgendwann nur noch das kannst und sonst gar nichts mehr.“ (S. 52)

Das ist es, was die Frauen abhält, ihr Leben wirklich zu gestalten. Sie jagen Vorstellungen, Träumen, Seifenblasen  hinterher, erfüllen Erwartungen anderer, aber sie haben keinen Plan, was sie wirklich wollen und brauchen.

Mary Miller hat „Big World“ 2009 geschrieben, das Original von „Always Happy Hour“ erschien schon 2017. Dazwischen scheint sich für die Figuren, über die Miller schreibt wenig geändert zu haben. Noch immer verdaddeln sie ihre Tage vor dem Fernseher oder in Bars. Aber das machen sie sehr lesenswert.

Ich mag Millers Geschichten, ihre Sprache, ihren Stil. Ja, und auch ihre Frauenfiguren, wenngleich ich sie oft schütteln möchte, damit sie aufwachen, den Kater zum Teufel jagen und endlich anfangen zu leben.

Mary Miller: Always Happy Hour.
Aus dem Englischen übersetzt von Stefanie Jacobs.
Hanser Berlin, Mai 2021.
192 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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