Martin Mosebach: Mogador

mogadorEin faszinierender Roman, den der Altmeister Mosebach da vorlegt. Eine Mischung aus einem Krimi aus dem Bankermilieu –und „Geschichten aus tausendundeiner Nacht“! Wie kommt sowas zusammen? Nun, Patrick Elff, ein junger Investment Banker, kommt einem älteren Kollegen auf die Schliche, der ein System  aus der digitalen Geldstromlichtgeschwindigkeit entwickelt hat, und durch minimale Zinsgewinne innerhalb von Sekundenbruchteilen irgendwo in der Welt, Millionen macht. Gar nicht so sehr um sich zu bereichern, sondern so aus Prinzip. Aber Patrick klagt ihn nicht an, sondern schweigt und ist fortan pekuniär beteiligt und  korrumpierter Mitwisser.

Als Dr. Filter, so heißt der Geldzauberer, Selbstmord macht, flieht Patrick während eines Gesprächs – kein Verhör –  über diesen Selbstmord aus dem  Präsidium, ohne dass ihm irgendwas vorgeworfen wird. Er gelangt, durch ein Toilettenfenster (Geht das heute noch? Die sind doch alle vergittert?) , nur im teuren Designeranzug und einem Bündel Scheinen irgendwie nach Marokko, wo er sich an einen früheren undurchsichtigen Geschäftspartner erinnert, mit dem er in Kiew mal Tee trank. Mogador heißt fortan sein Aufenthaltsort und die Geschichte kippt hin zu einer grandiosen Beschreibung von Marokko und des gesellschaftlichen Lebens dort. Er wohnt in einem Hotel einer gewissen Khadija und ihrem Spezi Karim zusammen, der ihn auch in diese Absteige gebracht hat.

Zwischendurch fragt man sich wirklich, was diese Fülle orientalischer Einblicke soll, aber es offenbart sich auch viel interessantes, verborgenes, im wahrsten Sinne „schleierhaftes“ z.B. was sich unter dieser und jener Djellaba verbirgt. Ein Sündenpfuhl bei aller Religiosität und Tradition. Patrick, der Hals über Kopf auch seine Ehefrau Pilar zurückgelassen hat, kommt schwer klar, muss die ständige Panik und erstickende Sinnlosigkeit seines Lebens einsehen, ertragen und hinterfragen.

Ein hochkomplexer, kluger Roman eines großartigen Romanciers und Träger,  vieler renommierter Literatur – und Kulturpreise!

Martin Mosebach: Mogador.
Rowohlt, August 2016.
368 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.