Luise Berg-Ehlers: Berühmte Kinderbuch-Autorinnen und ihre Heldinnen und Helden

Was haben Der kleine Lord, Heidi und Harry Potter gemeinsam? Was verbindet diese Heldinnen und Helden? Sie alle wurden von Autorinnen erdacht, die Dank dieser Fantasiefiguren im wörtlichen wie im übertragenen Sinn ihrer Welt entfliehen konnten.

Luise Berg-Ehlers hat in dem schmalen Band kurze, aber spannende Biografien zusammengetragen. Sie erzählt aus dem Leben von Jean Webster (Daddy Langbein), von Else Ury (Nesthäkchen), von Enid Blyton (Fünf Freunde), Cornelia Funke (Drachenreiter) und vielen anderen. Alle diese Schriftstellerinnen, ob sie im 19. oder im 20. Jahrhundert gelebt und geschrieben haben, hatten mit ähnlichen Schwierigkeiten, mit vergleichbaren Lebenssituationen zu kämpfen. Und, so kommt es der Leserin des Buches vor, alle haben für die Rechte der Frauen einiges erreicht.

Denn auch im 20. Jahrhundert und sogar noch in dessen zweiter Hälfte, mussten Frauen als Autorinnen ihre Vornamen auf die Initialen beschränken, damit sich ihre Bücher, besonders wenn sie von Abenteuer und fantastischen Reisen erzählten, besser verkaufen. Denn, so der Hintergedanke der Verleger, dann würden die Leser glauben, das Buch sei von einem Mann geschrieben. Sogar für Joanne Rowling gilt dies, auch sie musste ihre Harry-Potter-Bücher unter dem Namen J.K. Rowling verkaufen, „da Jungen andernfalls wohl kaum ihre Bücher lesen würden“ (Seite 11).

Vor allem im 19. Jahrhundert waren Frauen die meisten Berufe verwehrt. Wenn sie nicht geheiratet wurden – der erstrebenswerteste Lebensweg für eine Frau in dieser Zeit – konnten sie nur entweder Gouvernante werden oder Autorin. Viele der in diesem Buch vorgestellten Kinderbuchautorinnen begannen zu schreiben, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu verdienen, sei es, dass ihre Väter sie nicht ernähren konnten oder dass sie früh zu Witwen wurden und dann oft mit mehreren Kindern irgendwie überleben mussten.

Vor allem das fand ich beim Lesen des Buchs von Berg-Ehlers so interessant, wie ähnlich sich die Biografien der Schriftstellerinnen waren. Und doch auch wieder nicht. Wenn man auf der einen Seite Enid Blyton oder Astrid Lindgren betrachtet, die beide unglaublich viele Bücher für Kinder und Jugendliche schrieben, ganz Serien schufen und viele Generationen bis heute mit ihren Geschichten unterhalten. Und auf der anderen Seite Autorinnen wie Anna Sewell, die überhaupt nur ein Buch „Black Beauty“ erschuf, eines der auflagenstärksten Bücher aller Zeiten oder Else Ury, die Erfinderin von „Nesthäkchen“, die 1943 im Konzentrationslager Auschwitz umkam, dann unterscheiden sich natürlich die Lebensläufe dramatisch.

Doch allen gemein ist die Tatsache, dass ihre Bücher, ihre Heldinnen und Helden unvergessen bleiben werden. „Mögen auch Goethe und Schiller als die verehrungswürdigsten Klassiker gelten – im Bewusstsein vieler Menschen ist jene Literatur die ‚klassische‘, da überdauernde, mit der man aufgewachsen ist, die einen als Kind tröstete, belustigte oder in Spannung versetzte …“ (Seite 10).

Luise Berg-Ehlers, Gründungsmitglied der Fontane-Gesellschaft, lange im Schuldienst tätig, hat schon mehrere Bücher veröffentlicht. Wenn man ihre Bibliografie liest, scheint sie sich besonders mit kämpferischen, rebellischen Frauen zu befassen. Das vorliegende Buch ist leicht und flüssig geschrieben, es erzählt spannend von spannenden Frauen. Und vor allem führt es die Leserin zurück in die eigene Kindheit, es macht Lust, noch einmal in den damals so geliebten Büchern zu blättern, zu lesen.

Luise Berg-Ehlers: Berühmte Kinderbuchautorinnen und ihre Heldinnen und Helden.
Insel Verlag, November 2019.
160 Seiten, Taschenbuch, 12,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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