Lorraine Fouchet: Pinguine bringen Glück

Ein wunderschönes Buch mit einem etwas unpassenden Titel.

Der fünfzehnjährige Dom spielt nachts heimlich ein Computerspiel, als das Gerät plötzlich abstürzt. Kurz darauf stehen Notärzte und Sanitäter in der Wohnung, in der er mit seinem Vater wohnt. Doch sie können seinem Vater nicht mehr helfen. Sein Herz hat versagt. Doch wer hat die Ärzte gerufen? Dom erfährt, eine blonde Frau sei bei seinem Vater gewesen, als er starb. Wer ist sie? Sie muss im selben Haus wohnen, also muss er sie kennen.

In diesem Haus wohnt die gesamte Familie, Doms Onkel, seine Tanten, eine Concierge und eine Mieterin im Dachgeschoß. Und alle Frauen sind blond.

Auch wenn sein Onkel zum Vormund ernannt wird und seine Tanten sich um ihn kümmern möchten, so ist Dom doch plötzlich sehr allein. Denn auch seine Mutter ist verschwunden, schon vor mehreren Jahren. Sie ist Chirurgin und wollte armen Kindern helfen, am anderen Ende der Welt.

Auf der Suche nach der mysteriösen Blonden findet Dom noch viel mehr über seinen Vater heraus. So wird in einem Beileidsschreiben eine Tochter seiner Eltern erwähnt. Davon weiß er gar nichts, wieso hat er eine Schwester, die er nicht kennt? Und wo findet er seine Mutter? Und nicht zu vergessen, wer ist die heimliche Geliebte seines Vaters?

All diese Fragen führen Dom von Paris in die Bretagne, woher die Familie seines Vaters kommt und sogar bis nach Südamerika.

Wie die Autorin diese Suche, die Verlorenheit und die ganzen Zweifel des Jungen, seine Widerborstigkeit und seine Einsamkeit in genau die richtigen Worte fasst, ist bewundernswert. Es gelingt ihr nahezu perfekt, den Tonfall eines pubertierenden, ebenso störrischen wie anlehnungsbedürftigen Jugendlichen zu treffen, so dass die Leserin sich ganz und gar in den Jungen hineinfühlen kann. Dazu erzählt sie unglaublich geschickt in einer zweiten Perspektive aus der Sicht der geheimnisvollen blonden Frau, ohne dass die Leserin imstande wäre, ihre Identität zu entdecken.

Die Begegnung mit der vermeintlichen Schwester in Patagonien wirkt am Ende zwar etwas arg konstruiert und überfrachtet, das tut der Lesefreude aber keinen Abbruch. Alle Figuren sind liebevoll ausgearbeitet, die Landschaftsbeschreibungen anschaulich und die Handlung in jedem Fall hochspannend. Das alles wird mit einer fast poetischen Sprache erzählt, mit vielen bretonischen Dialekteinsprengseln, was der Geschichte eine interessante Authentizität verleiht. Nur der deutsche  Titel, der ist doch ein bisschen albern und geht am Inhalt letztlich auch vorbei. Übersetzt wurde der Roman von Katrin Segerer.

Lorraine Fouchet: Pinguine bringen Glück.
Atlantik, Januar 2021.
256 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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