Leïla Slimani: Der Duft der Blumen bei Nacht

Leïla Slimani hat dieses Buch, in dem sie über sich selbst und ihr Schreiben berichtet, ihrem Freund Salman Rushdie gewidmet.

Schreiben lässt sich nicht erzwingen, Schreiben ist ein innerer Drang, dem man nicht entkommen kann, davon ist die Schriftstellerin, Aktivistin und Feministin überzeugt. Dennoch lässt sie sich auf den Vorschlag ihrer Lektorin ein, eine Nacht allein zwischen Kunstwerken in einem Museum in Venedig zu verbringen, um auszuprobieren, ob und in welcher Form dieses Eingesperrtsein sich auf ihre Gedankengänge und so auch auf ihr Schreiben auswirkt. Ihre anfängliche Skepsis schlägt bald um. Der Schreibprozess geht einher mit Einsamkeit und ganz bestimmt gibt es hierfür kaum einen geeigneteren Ort als ein menschenleeres Museum.  Mit dem nächtlichen Durchstreifen der Flure und dem Betrachten der Kunstwerke öffnen sich immer wieder neue Perspektiven, die Gedankenströme auslösen, die sehr persönlich sind. Wir erfahren von Slimanis beiden wesentlichen Lebensstationen: Von ihrem Geburtsland Marokko und ihrer späteren und jetzigen Heimat Paris.

In Marokko verbrachte Slimani ihre Kindheit und Jugend in ihrem Elternhaus in Rabat. Wir lesen von ihren Jugendträumen, von Filme-Abenden mit ihren Schwestern, von vertrauten Gerüchen wie dem des Nachtjasmins, was wiederum zu weiteren Erinnerungen führt. Danach folgt das Leben mit ihren Kindern als Schriftstellerin in Paris.

Zwei Kulturen, zwei Welten: In Marokko wird sie als zu westlich, zu atheistisch, zu frankofon wahrgenommen. In Frankreich bleibt sie stets die Fremde, die nach ihrer Herkunft befragt wird. Diese Zerrissenheit hat sie geprägt. Schreiben war und ist für Leïla   Slimani der Weg um zu verstehen, um bestehen zu können. Auch das Unrecht, das ihrem Vater widerfahren war, als er unschuldig im Gefängnis saß, trug dazu bei, dass sie sich alles von der Seele schreiben musste, dass sie eintauchte in ihre Figuren, deren Innerstes sie von allen Seiten beleuchtete und Welten erfand, in denen sie das Unrecht wieder gut machte.

Zwischendurch lässt sie immer wieder Zitate und Gedanken anderer SchriftstellerInnen in die Zeilen einfließen.

Die Bücher marokkanisch-französischen Autorin Leïla Slimani sind internationale Bestseller. Ebenfalls im Leselust-Portal sind die Rezensionen ihrer Romane Dann schlaf auch duAll das zu verlieren  und  Das Land der anderen zu finden. Sie zählt zu den wichtigsten literarischen Stimmen Frankreichs. In diesem Essayband gibt die 1981 geborene Autorin interessante Einblicke in ihre Herkunft, ihre Sichtweisen und Inspirationen.

Leïla Slimani: Der Duft der Blumen bei Nacht.
Aus dem Französischen übersetzt von Amelie Thoma.
Luchterhand Literaturverlag, Februar 2022.
160 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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