Lauren Groff: Arcadia

arcIn den 1970er Jahren ist der kleine Bit gerade mal fünf Jahre. Er führt allerdings kein gewöhnliches Leben: Er wurde in einer Hippie-Kommune geboren und lebt mit seinen Eltern und den unterschiedlichsten Menschen in einem alten Schulgebäude. Bit ist noch sehr jung, beobachtet aber das Geschehen um sich herum und versucht, sich einen Reim darauf zu machen. Warum wird seine Mutter eigentlich im Winter immer so traurig und was passiert draußen in der großen Welt? Denn die kennt er nur aus Erzählungen. Er wächst in der Hippie-Kommune heran und versteht mit der Zeit immer mehr Zusammenhänge. Doch in der Welt da draußen passieren Dinge, die letztlich auch ein Einfluss auf den kleinen Jungen nehmen. Sein bisheriges Weltbild gerät ins Wanken und der Zusammenschluss der Hippies bricht auseinander. Bit muss sich in der Realität neu orientieren.

Lauren Groffs neuster Roman ist so erfrischend und pfiffig, stellenweise ist es eine wahre Freude, ihn zu lesen. Insbesondere die ersten beiden der insgesamt recht langen Kapitel, von denen jedes für einen Lebensabschnitt des Jungen steht. Die Infos über die Ereignisse rund um den Jungen erhält man einzig und allein durch ihn, quasi gefiltert. Er beschreibt die Dinge so, wie er sie sieht und wahrnimmt. Manchmal falsch, manchmal mit instinktiver Treffsicherheit genau richtig. Und das macht den ungemeinen Charme dieses Buches aus. Hat man sich erstmal an Bit gewöhnt, werden dann auch die späteren Episoden seines Lebens, in denen er als Erwachsener beschrieben wird, interessant, wenn auch viel ernster.

Anfänglich störend mag es sein, dass die Autorin auf Kennzeichnung der wörtlichen Rede verzichtet. Nach ein paar Seiten gewöhnt man sich aber auch daran und sieht dies als besondere Wahrnehmung des Jungen. „Arcadia“ ist ein Buch, das ganz anders ist, als man es erwarten würde. Lebendig, bunt, mit vielen Gefühlen versehen. Es ist vielleicht nicht so gut, wie Groffs Erstlingswerk, aber dennoch eine angenehme Leseempfehlung. Die Autorin stellt auch in „Arcadia“ wieder unter Beweis, wie schön sie schreiben kann, wie sehr sie mit Worten verzaubert und abtauchen lässt in diese schrille, bunte Welt, in der Probleme eben nicht besprochen, sondern unter den Tisch gekehrt werden.

Aber „Arcadia“ ist nicht nur schrill und bunt, sondern hat auch diese überaus überzeugende zentrale Figur des Bit. In großen Kapiteln begleitet man ihn durch sein Leben, immer mal wieder werden ein paar Jahre ausgelassen, aber es kommt einem nie so vor, als habe man etwas verpasst. Er nimmt eine spannende und glaubhafte Wandlung von einem gutgläubigen Kind hin zu einem erwachsenen Mann, der durch sein Aufwachsen und seine Erfahrungen gezeichnet ist. Diese Figur ist neben dem tollen Schreibstil der Autorin das absolute Herzstück des Romans.

„Arcadia“ sei allen ans Herz gelegt, die gut geschriebene Bücher mit leichtem Tiefgang mögen und Spaß am Ungewöhnlichen haben!

Lauren Groff: Arcadia.
C. H. Beck, August 2013.
301 Seiten, Taschenbuch, 18,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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