Larry Tremblay: Der Name meines Bruders

nameLarry Tremblay legt diese Geschichte in einem von Krisen erschütterten Kriegsgebiet an, das überall auf der Welt sein könnte. Dabei beschreibt er einen Konflikt, der für alle Beteiligten in großem Leid endet. Schonungslos verdeutlicht der Autor, wie ein einzelner Fanatiker durch seinen Hass manipulieren kann und das Leben einer Familie zerstört; wie durch geschickte Täuschungsmanöver Menschen beeinflusst und unschuldige Kinder einem sinnlosen Märtyrertod ausgesetzt werden; wie Religion zur Machtausübung missbraucht wird, wie unsinnig und schrecklich der Tod jedes Einzelnen ist und wie die grausamen Geschehnisse die Überlebenden ein Leben lang verfolgen.

Die Großeltern der Zwillingsbrüder Amed und Aziz werden in ihrem Haus durch eine Bombe getötet. Das verändert alles in der Familie, in der die beiden Jungen bislang eine glückliche Kindheit verlebt haben.
Ein Fanatiker beeinflusst den Vater der Kinder indem er einen Vergeltungsschlag für die toten Großeltern fordert. Dafür soll der Vater einen seiner Söhne opfern, der einen Märtyrertod sterben soll, indem er sich in einem feindlichen Militärlager in die Luft sprengen muss.

Eindrucksvoll schildert Tremblay alle Nöte und Konflikte. – Die des Vaters, der auswählen muss, welchen seiner Söhne er in den Tod schicken soll. – Den kranken Aziz, der durch eine tödliche Krankheit nicht mehr lange zu leben hat, oder den gesunden Sohn Amir. Würde ein Todgeweihter wie Aziz, sollte sein Zustand bekannt werden, überhaupt als Märtyrer anerkannt werden?
Die beiden Jungen, die immer unzertrennlich waren, wissen, was von ihnen verlangt wird. Die Zeit in der sie unbekümmert in der von ihrem Großvater angepflanzten Orangenplantage zusammen gespielt haben, ist vorbei. Ihre Ängste und die inneren Zerreißproben, denen sie ausgeliefert sind, lassen sie schlagartig erwachsen werden.
Die Mutter, die keines ihrer Kinder verlieren will, beeinflusst und manipuliert in ihrer Not im Hintergrund.

Nach dem Vergeltungsschlag, der gar kein feindliches Lager sprengt, sondern viele unschuldige Kinder in den Tod reißt, ist für die Menschen alles nur noch viel schlimmer geworden. Rache gegen vermeintliche Feinde auszuüben und das durch den Märtyrertod bei Gott wissende Kind bringen keinen Trost. Doch mit den Fanatikern und den Nachbarn wird gefeiert, mit dem Leid muss jeder für sich allein klarkommen.

Ein bedrückender Antikriegsroman, der emotional aufwühlt und durch seine brisante Aktualität nachhaltig wirkt. – Lesenswert! –

Der Autor Larry Tremblay wurde 1954 in Québec/Kanada geboren. Für „Der Name meines Bruders“ erhielt er u. a. den Preis für den besten Roman und den Publikumspreis auf der Buchmesse Saguenay Lac St-Jean/Québec. Zudem stand er auf der Shortlist des renommierten Prix des 5 continents de la francophonie.
„Der Name meines Bruders“ ist in Kanada ein großer Verkaufserfolg und mittlerweile Schullektüre.

Larry Tremblay: Der Name meines Bruders.
C. H. Beck, Juli 2015.
176 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.