Kiera Cass: Promised

Hollis lebt mit ihren Eltern am Hof des Königs, sie trägt die schönsten Kleider, isst das feinste Essen, verkehrt in der besten Gesellschaft und genießt ihr Leben voller Klatsch, Tratsch und Geld. Doch das ist es nicht, was sie besonders macht. Seit längerer Zeit hat auch noch der König ein Auge auf sie geworfen. Was anfangs als harmloser Flirt abgetan wurde, wird immer mehr zur Realität: Hollis und der König kommen sich näher, sie ist die einzige, die ihn seit dem Tod seiner Eltern zum Lachen bringt, er ist ihr Traummann. Immerhin ist er König und mehr kann sie sich nicht für ihr Leben wünschen. Oder?

Als eine Familie aus einem Nachbarland nach ihrer Flucht Schutz im Palast sucht, begegnet Hollis zum ersten Mal Silas, dem Fremden, der ihre Weltordnung durcheinanderwirft. Auf einmal fragt sie sich, ob sie mehr will, als Reichtum, ob der König sie jemals wirklich lieben wird. All der Glanz und die Aufgaben, die mit dem bevorstehenden Heiratsantrag auf ihr lasten, drohen zu viel für sie zu werden. Auch wenn sie all diese Gefühle hinter einem Lächeln versteckt, fragt sie sich: Kann sie eine glorreiche Zukunft für einen Fremden auf´s Spiel setzten? Und was ist es, was den König antreibt? Wer ist er wirklich – ein gütiger Herrscher oder ein gefühlskalter Regent?

Mit ihrer Buchreihe „Selection“ landete die Autorin vor einiger Zeit schnell auf der internationalen Bestsellerliste. Mit diesem Buch wird es anders sein. Zumindest sollte es anders sein. Da „Selection“ trotz der scheinbaren Oberflächlichkeit positiv überrascht hat, waren die Erwartungen an „Promised“ einigermaßen hoch und wurden enttäuscht. Die Handlung zieht sich recht ereignislos bis zum Ende des Buches, wo der Leser von einer Wendung überrascht wird, die eher merkwürdig als sinnvoll scheint. Viele Anspielungen bleiben ungelöst und werden vermutlich im geplanten zweiten Band aufgegriffen. Insgesamt wirkt die Geschichte wie eine sehr lange Einleitung ohne den Hauptteil zu liefern.

Dazu kommt der zweifelhafte moralische Standpunkt, den der Text vertritt. Frauen werden in eine antike Position gestellt, in der sie nichts zu sagen haben, Kinder bekommen sollen und keine Ahnung von Politik haben. Dabei handelt es sich aber nicht um eine historische Anspielung, zumindest zeigt der Text in keinem anderen Aspekt etwas davon. Gegen Ende scheint die Hauptfigur einigermaßen zu realisieren, dass der Umgang des Königs ihr gegenüber falsch ist, das wird jedoch nicht weiter dramatisiert. Der genaue Entwicklungsprozess der Protagonistin ist unklar: Bis kurz vor Schluss ist sie ein naives Mädchen, am Ende ist sie eine traumatisierte Frau.

Die Geschichte ist nicht schlecht. Ein positiver Aspekt ist grundsätzlich die Hauptfigur, die nicht sonderlich klug, aber sehr liebenswürdig ist. Eine derartige Protagonistin kommt in der heutigen Jugendliteratur nicht häufig vor. Doch die starke Hoffnung, dass Fehler im zweiten Teil ausgebessert und erklärt werden, macht das Buch nur umso mehr zu einer Einleitung ohne Höhepunkt. Am ehesten zu empfehlen ist das Buch wohl Jugendlichen, die nicht sonderlich viel lesen, vielleicht als Geschenk – zumindest das Cover macht auf jeden Fall viel her.

Kiera Cass ist eine wunderbare Autorin, die Mädchenherzen auf der ganzen Welt höher schlagen lässt. Doch bei „Promised“  hat es leider nicht gereicht.

Kiera Cass: Promised.
Fischer Sauerländer, Mai 2020.
368 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Isabella M. Banger.

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