Julian Barnes: Elizabeth Finch

Neil, ein Student, der sich bereits in seinen 30ern befindet, ist völlig fasziniert von seiner Professorin Elizabeth Finch. Sie ist nicht nur eine Dozentin alter Schule, sondern „antiquierter Schule“, wie es einmal im Buch heißt. Sie trägt festes Schuhwerk und redet druckreif und ausgesprochen geist- und kenntnisreich über das Altertum.

Ihre Studenten sind ihr entweder vollkommen hörig, wie Neil, oder lehnen sie rundheraus ab.

Elizabeth Finchs besonderes Interesse gilt der Heiligen Ursula, die angeblich im 4. Jahrhundert gemeinsam mit 11.000 Jungfrauen bei Köln hingerichtet worden ist, und dem letzten heidnischen Kaiser Roms, Julian Apostata. Der hat ebenfalls im 4. Jahrhundert versucht, das Christentum zurückzudrängen. Sie stellt Fragen wie: Wie hätte sich die Welt entwickelt, wenn ihm das gelungen wäre?

Wer sich auf dieses Buch einlässt, sollte ein gewisses Grundinteresse an solchen Themen, aber auch an philosophischen und religiösen Fragestellungen allgemein haben.

Im zweiten von drei Teilen verlässt Barnes‘ Werk gar das Genre Roman und wird zu einem wissenschaftlichen Essay über Julian Apostata. Denn unser Protagonist ist wild entschlossen, das Werk seiner Professorin nach deren Tod fortzusetzen. Die beiden haben sich auch nach Neils Uni-Laufbahn weiter getroffen, und Elizabeth Finch hat ihm ihre Bibliothek vererbt.

Gerade dieser zweite Teil mit vielen Literaturangaben ist durchaus zäh zu lesen.

Leichter verdaulich sind die Teile, in denen es wirklich um Elizabeth Finch und ihre Beziehung zu Neil geht, der sich sogar ein wenig in seine Dozentin verliebt.

Um Grunde ist dieses Werk eine Hommage an die universitäre Bildung und an charismatische Dozenten, die es verstehen, ihren Studenten das Selber-Denken beizubringen.

Der 1946 geborene britische Autor Julian Barnes erhielt 2011 den Booker-Prize.

Julian Barnes: Elizabeth Finch.
Aus dem Englischen übersetzt von Gertraude Krueger.
Kiepenheuer&Witsch, November 2022.
240 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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