Julia Knight: Schwerter und Schwindler

Die Welt ist im Umbruch. Nicht nur, dass die Magier, Adeligen ja der König selbst zwangsweise in Rente geschickt wurden, so manches Mal durch das scharfe Beil der Guillotine, auch die Götter wurden ausgetauscht. Statt eines allmächtigen Gottes, der die Reichen mit seinen Segnungen begünstigt, regiert nun der Uhrwerkgott und in seinem Auftrag der Prälat. Alle Menschen sind gleich, jeder soll einen gerechten Anteil am Wohlstand des Reiches haben – so zumindest lautet die offizielle Doktrin. Eigentlich ein hehres Unterfangen, wenn es nicht, wie überall wo Menschen im Spiel sind, Neid, Missgunst und Vetternwirtschaft geben würde. Statt des Adeligen werden die armen Schlucker nun durch die Uhrwerker ausgebeutet, der Hunger, die Armut und die Hilflosigkeit haben sich nicht geändert.

Allerdings ändert sich sonst Vieles rapide. Durch die Einführung von maschinell gefertigten Waffen wurde die Gilde der Duellanten ihrer größten Macht beraubt. Was die Fechter sich in langen Jahren, Jahrzehnten aneignen, das rafft eine einzige Kugel in einem Sekundenbruchteil dahin. Der große Gleichmacher, die Bleikugel der Pistolen, könnte das Machtgewicht erneut massiv verschieben – allein die Mächtigen des Reiches sorgen schon selbst dafür, dass es nicht langweilig wird.

Kacha und ihr Bruder Vocho gehörten zum Orden der Duellanten. Jahrzehntelang haben sie gelernt, geübt und mit scharfem Stahl in der Hand dafür gesorgt, dass ihren Schutzbefohlenen nicht zustieß. Nun sind sie auf der Flucht. Vocho soll einen Priester umgebracht haben, der Frieden des Reiches ist gefährdet. Während das Nachbarreich die Grenzen schließt, und die Waren mangels Importen immer teurer werden, regt sich Widerstand gegen den Regenten. Der König plant, unterstützt von dunkler Magie den Putsch, der Gildenmeister will die Macht an sich reißen und den Prälat verfällt zusehends dem Alkohol.

Mittendrin unsere Helden. Als sie eine Kutsche überfallen, fallen ihnen eine Kiste mit Gold und Verträgen des Königs mit dem Nachbarreich in die Hände. Sollten diese ihren Weg zum Prälaten finden hieße dies Kopf ab für die Verräter. So beginnt eine Hetzjagd auf die Diebe. Nicht nur Kachas Verflossener, der sich dem verräterischen König angeschlossen hat, auch ihr einstiger Lehrmeister, der Gildenanführer und die Ordnungsmacht sind hinter ihnen her – viel schlimmer noch ist, dass auch Blutmagier sich auf ihre Fährten gesetzt haben. In der Hauptstadt, deren Häuser, Paläste und Viertel von einem gigantischen Uhrwerk alle paar Stunden räumlich zueinander versetzt werden, beginnt eine gnadenlose Jagt – die allzu viele unangenehme Wahrheiten auch für unsere Verfolgten bereit hält …

Was ist das für ein relativ dünner Roman, der vor mir liegt? Nun klassische Fantasy ist es nicht, man wird von der Ära, die uns erwartet eher an die Musketiere von Alexandre Dumas erinnert. Dazu aber gesellen sich Magier, die mittels Blut ihre dunklen Beschwörungen weben, die faszinierende Kulisse einer Stadt, die von einem Uhrwerk immer wieder auf riesigen Gleissystemen umgestaltet wird und eine mechanische Gottheit. Angereichert wird dies, geradezu skandalös, mit einem überzeugten Kommunisten, der Gleichheit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit predigt, dabei aber Sklaverei toleriert und von der selbst geschaffenen Bürokratie gegängelt wird. Das lässt Erinnerungen an die Realität wach werden.

Im Zentrum aber stehen unsere Geschwister, ein mysteriöser Dandy, der ihnen zu Hilfe eilt und jede Menge Geheimnisse. Der Plot lebt neben den erstaunlich wenigen Kämpfen von der Suche nach den Geheimnissen. Immer wieder erwarten den Leser zeitliche Rückblenden in die Jugend der Protagonisten, die wichtige Ereignisse beleuchten und die Gestalten mit Historie hinterfüttern.

Auch wenn die Autorin ihr großes Pfund, die mechanische Stadt noch nicht wirklich ausgiebig als faszinierende Kulisse nutzt, sich ein wenig zu sehr auf die Figuren konzentriert, bietet sich das Geflecht aus Lügen, Verrat und Geheimnissen als durchaus packendes Lesefutter dar. Dass der Plot ziemlich abrupt abbricht, kaum dass einige der Mysterien gelüftet wurden ist, sei angemerkt – Fortsetzung folgt.

Julia Knight: Schwerter und Schwindler – Sterben ist für Anfänger.
Knaur, März 2017.
400 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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