Joshua Tree: Singularity

Die Zukunft – die Meere sind übersäuert, Dank der zu lange geleugneten globalen Klimaerwärmung sind die Polkappen geschmolzen und ganze Landstriche unter Wasser. Das Land ist ebenso übersäuert wie das Meer, das kaum mehr einen Lebensraum für Tiere bietet. Die allermeisten Fische und Meeressäuger sind ausgestorben. Passend dazu fällt saurer Regen, der bei Hautkontakt zu juckenden Ekzemen und Krebs führt.

Dank Fortschritten in der Nanotechnologie und der Entwicklung von KIs sind Menschen, zumindest die Begüterten unter diesen, körperlich unsterblich geworden. Mittels implantierten Hub sind sie permanent online, wird alles was sie erleben, was sie denken hochgeladen. Dem Alltag entflieht man in virtuelle Welten, die von der Wirklichkeit nicht länger zu unterscheiden sind. Längst haben die KIs die Entwicklung neuer Technologien übernommen, haben sie kognitiv wie kreativ den Menschen, auch den Homo Superior überflügelt.

Doch wo es Licht gibt, da ist auch immer Schatten. Ein Zug, der letzte von unzähligen Zügen, rollt durch das was früher als die USA bekannt war. An Bord Menschen, Homo Sapiens, die angeleitet von einer KI dafür sorgen, dass verstrahlte Bauwerke geschliffen und renaturiert werden. Als Dank winkt der kurzfristige Aufenthalt in einer virtuellen Welt ohne Sorgen und Gefahren. Irgendwann einmal werden diese überflüssigen Menschen vergessen werden, werden einen langsamen, unbetrauerten Tod sterben.

Einer der Menschen, die diese Welt mit seinen Erfindungen erst erschaffen und ermöglicht hat, hat seine Tochter bei einem illegalen Tauchausflug zur ehemaligen Südost-Asien Metropole Jakarta verloren. Doch vielleicht ist sie nicht wirklich verloren – ihr Wesen könnte in einer virtuellen Simulation überlebt haben. Er entsendet einen der überflüssigen Menschen, den Diener James um nach ihr zu suchen – und dieser findet weit mehr, als erwartet oder befürchtet .

Den Leser (m/w/d) erwartete eine Dystopie vom Feinsten. Joshua Tree bietet dem Leser seine Geschichte über drei geschickt miteinander verwobenen Handlungssträngen an. Inhaltlich geht es nicht nur in virtuelle Welten, auch die Realität, die sich heute schon abzuzeichnen beginnt, dient dem Autor als Bühne. Hier warnt er eindringlich vor den Folgen der Klimaerwärmung, aber auch vor der ungezügelten Fortschrittsgläubigkeit, mit der der Mensch sich irgendwann einmal überflüssig machen könnte. Was tut man Sinnvolles, wenn alles von Maschinen besser, effizienter und billiger erledigt werden kann? Wo bleibt die Kreativität, wenn Maschinen das Denken, das kreative Entwerfen übernehmen? Fragen, die er nachdrücklich und gut eingebettet in eine abwechslungsreiche Handlung stellt.

Neben der Zukunftsvision sind es die Figuren, die den Rezipienten (m/w/d) an die Seiten bannen. Auf den ersten Blick erwarten uns gängige Handlungsträger, doch dann erhalten diese immer mehr Facetten, mehr Tiefe und werden dadurch interessanter. Stilistisch angenehm zu lesen wartet zum Finale eine handfeste Überraschung auf uns.

So ist dies ein Buch, das durchaus hinter- und tiefgründig ist, das dabei aber den Unterhaltungswert nicht vernachlässigt.

Joshua Tree: Singularity.
Fischer Tor, April 2021.
464 Seiten, Taschenbuch, 16,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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