Jin Yong: Die Legende der Adlerkrieger

Kennen, nein besser, mögen oder lieben Sie gar Kung-Fu Filme? Streifen, in denen Krieger durch die Luft fliegen, in denen sie sich nur mit ihrem Körper bekämpfen oder versiert mit geschliffenem Stahl aufeinander losgehen und versuchen, Gerechtigkeit zu finden? Nun, dann hätte ich vielleicht etwas für Sie. Eine Trilogie aus Fernost, besser gesagt aus Hongkong, die sowohl in Taiwan wie auch in Festland-China ein Bestseller war und ist, der sich bis heute mehr als doppelt so häufig wie Tolkiens „Herr der Ringe“ verkauft hat. Unnötig zu erwähnen, dass die Geschichte diverse Male sowohl für die große Leinwand, als auch für TV-Serien adaptiert wurde und in China wirklich jedes Kind die Handlung und ihre Helden kennt.

Der erste Band der Adlerkrieger Saga beginnt damit, dass wir zwei Bauern kennen lernen, die aus dem annektierten Norden in den Süden geflohen sind. Dass Beide auf eine mehr als angesehene Familiengeschichte zurückschauen können – einer derUrgroßväter war ein berühmter General, der andere gehörte zu den Rebellen des Lian Shan Po – sorgt dafür, dass sie des Kämpfens nicht unbedarft sind. Der Eine weiß einen Speer gar meisterlich zu handhaben, der Andere beherrscht die hohe Kunst des Kung Fu. Sie schwören sich ewige Bruderschaft, ihre noch ungeborenen Kinder sollen als Freunde, vielleicht gar als Paar aufwachsen und einander jederzeit zur Seite stehen. Dass es dann anders kommt, dass aus den eigentlich vorgesehenen unzertrennlichen Freunden Feinde werden und wie sie auf verschiedenen Seiten die Kämpfe erleben, erzählt die Geschichte.

Das Buch ist anders als das, was wir Westler gemeinhin an Fantasy vorgesetzt bekommen. Sicherlich, wir erinnern uns an rare Ausflüge in die fernöstliche Phantastik. Hubbarts, leider nur drei Meister Li Romane etwa oder auch Kai Meyers Wolkenvolk-Trilogie, Lian Hearns Otori Sagen – aber wirklich arg viel mehr fällt mir da ad hoc nicht ein.

Und im Vergleich zu diesen Romanen präsentiert sich der erste Teil derAdlerkriege-Trilogie inhaltlich doch ganz anders. Vieles fußt hier auf alt übernommene Mythen, der ganze Ansatz der Erzählung, die verwandte Sprache sind weit von westlichen Einflüssen entfernt. Hier ist die versierte Übersetzung von Karin Betz zu loben, dass sie nicht einfach versucht, den Text an das Gewohnte anzupassen, sondern sich bemüht, ganz nah am Original zu bleiben. Natürlich fesselt der Plot insbesondere durch die darin beschriebenen, packenden Kämpfe, seinen es mittels Schwert oder dem ebenso meisterlich wie tödlich einsetzbaren Körper. Daneben aber übt die für uns so ungewohnte Kultur mit ihren Ritualen, der aufgesetzten Höflichkeit und den Standesunterschieden eine größere Faszination aus. Gerade in der verwandten Sprache unterscheiden sich die Kasten, aus denen die Figuren kommen markant voneinander, sprechen und verhalten sich Menschen nach ihrer Herkunft und ihrem Stand ganz unterschiedlich. So ist dies auch ein Einblick in eine uns ganz fremde Lebensweise, mit ungewohnten Ritualen, Verhaltensweisen und Einstellungen der Gestalten.

Der Einstieg ist ein wenig mühsam, hat man sich dann einmal festgelesen, beginnen einen die Abenteuer und Kämpfe in ihren Bann zu ziehen. Man muss kein Prophet sein um vorherzusagen, dass sich die Bücher bei uns nicht so gut wie in Fernost verkaufen werden. Zu ungewohnt ist das Gebotene. Dennoch lohnt sich die Lektüre, die einmal begonnen spannend und interessant fasziniert.

Jin Yong: Die Legende der Adlerkrieger.
Heyne, Oktober 2020.
576 Seiten, Taschenbuch, 16,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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