Jeremy Massey: Die letzten vier Tage des Paddy Buckley

Die letzten vier Tage des Paddy Buckley von Jeremy MasseyPaddy Buckley arbeitet als Bestatter in Dublin. An einem schicksalsschweren Oktobertag befördert er – unfreiwillig – zwei ganz und gar untote Menschen ins Erdreich. Zuerst vögelt er eine attraktive, trauernde Witwe bis zum Herzinfarkt. Von dem Vorfall aufgewühlt, übersieht er einen Passanten und überfährt ihn. Zu dumm, dass es sich hierbei um Dolan Cullen handelt, den Bruder des gefürchtesten Unterweltgangsters von ganz Irland, der auf blutige Rache sinnt. Beide Vorfälle versucht Paddy zu vertuschen. Doch ausgerechnet seine Firma soll die Beerdigungen ausrichten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Wahrheit ans Tageslicht kommt. Paddys Tage auf Erden scheinen gezählt…

Es braucht schon eines irischen Autors, der die Thematik mit einem Hauch grüner Inselmelancholie versieht, dazu ein paar esoterische Weisheiten einbaut – wie den offenen „Kanal 24“, in welchen sich Paddy bei Bedarf innerlich zurückzieht – und ein druidisch anmutendes Fabelwesen in den Plot schickt. Jenes Dublin, dass uns Jeremy Massey auf 265 Seiten präsentiert, findet sich in keinem Reiseführer. Es ist das Leben der einfachen Leute, die eigene Überlebensstrategien entwickeln. Guiness, Ehrenkodex, Sportwetten, der Traum vom großen Glück, irische Künstler und Literaten – sie alle finden hier einen Platz.

Der Humor ist erstaunlich subtil. Dass der Autor derart unaufgeregt über wahnwitzige  Begebenheiten schreiben kann, liegt sicherlich in der Tatsache begründet, dass Jeremy Massey selbst aus einer Bestatterfamilie stammt und jahrelang in der Branche gearbeitet hat. Seinem täglichen Umgang mit dem Tod ist es zu verdanken, dass wir Leser eine einerseits abgeklärte, andererseits durchaus feinfühlige Sicht auf das Thema erhalten. So, als würden wir als allwissende Erzähler objektiv über der Szenerie schweben, in einem ganz eigenen Kanal 24.

Er schreibt von Gesichtern, die wegbrechen. Von kritischen Punkten bei Beerdigungen, an denen die emotionale Balance zu kippen droht. Wir erfahren, durch welchen Trick sich Leichen leichter einkleiden lassen und wie man einen Toten konservieren kann. Auch groteske Vorfälle „hinter den Kulissen“ beschreibt Massey so locker, als würden diese täglich passieren. Als versehentlich Leichen vertauscht und der falsche Tote verbrannt wird, muss der gefürchtete „Gasbrand“ herhalten, welcher einen offenen Sarg undenkbar macht…

Die letzten vier Tage des Paddy Buckley lesen sich wie ein literarischer Countdown, der eine ganz eigene Dynamik ausstrahlt. Das Leben als launiges Roulette, das nach dem Ende weiterhin die Finger im Spiel der übrig gebliebenen Protagonisten behält. Eine außergewöhnliche Story – made in Irland!

Jeremy Massey: Die letzten vier Tage des Paddy Buckley.
carl’s books, September 2016.
272 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

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