Jane Gardam: Weit weg von Verona (1971)

Jane Gardam, britische Schriftstellerin, feierte am 11. Juli 2018 ihren 90. Geburtstag. Passend dazu bringt Hanser Berlin am 23. Juli 2018 Gardams Debütroman „Weit weg von Verona“ aus dem Jahre 1971 (Originaltitel: „A long way from Verona“) übersetzt von Isabel Bogdan als deutsche Erstausgabe heraus. Jane Gardam begann erst mit über 40 Jahren zu schreiben, hierzulande wurde sie vor allem durch ihre Old Filth-Trilogie bekannt.

Protagonistin und Ich-Erzählerin in „Weit weg von Verona“ ist die zwölfjährige Jessica Vye, die bereits im Alter von neun Jahren von dem Schriftsteller Arnold Hanger, dem sie alles, was sie je geschrieben hatte, zum Lesen gab, folgendes bestätigt bekam:

„Jessica Vye, du bist ohne jeden Zweifel eine echte Schriftstellerin!“ (S. 15).

Jessica und ihre Familie, sie hat noch einen jüngeren Bruder namens Rowley, ziehen von Kent in den Nordosten Englands nach Cleveland Sands, einem kleinen Ort an der Küste. Ihr Vater hat dort die Stelle eines Hilfsgeistlichen angenommen. Es ist Krieg und Winston Churchill ist Prime Minister. Jessica geht zur High School und hat nur eine Freundin, Florence Bone, bei den anderen Mädchen ist sie nicht sonderlich beliebt, denn sie sagt „immer und überall die Wahrheit“.

So auch im Tea Shop, wo man sie zunächst nicht bedienen will und sie durchsetzt, dass sie und ihre Mitschülerinnen ihren Tea bekommen, und die seltsame Mrs Hopkins ihre Rechnung übernimmt. Als sie darüber schreibt und den Aufsatz in der Schule abgibt, erntet sie herbe Kritik von ihrer Lehrerin Miss Dobbs und zusätzlich einen Tadel, weil sie ihr widerspricht. Zum Glück wird sie von der alten Englischlehrerin Miss Philemon getröstet, die ihr erklärt:

„Es schadet Schriftstellern gar nicht, ein bisschen zu leiden.“ (S. 51)

Bei der Begegnung mit einem entflohenen italienischen Kriegsgefangenen beweist Jessica Mut und Schlagfertigkeit.

Die Zeitung „The Times“ schreibt einen Kinder-Gedichtwettbewerb zum Thema „Krieg“ aus. Schülerinnen und Schüler sollen sich beteiligen und können 20 Pfund gewinnen.

Auf einem Fest der Familie Fanshawe-Smithe lernt sie Christian, den ältesten Sohn der Familie kennen und findet ihn „wundervoll“. Ihre erste (und auch letzte) Verabredung endet abrupt mit einem Fliegerangriff, den beide unverletzt überstehen.

Jessica schreibt ein Gedicht mit dem Titel „Der Verrückte“, das auf ihrer Begegnung mit dem Kriegsgefangenen beruht:

„Ich fühlte mich sehr speziell.

Ich stand auf, sah das blaue Heft dort liegen, und mir fiel das Gedicht wieder ein. Ich ging hin und las es und stand lange da und sah es an, und dann wusste ich, warum ich glücklich war. Es gab nichts an dem Gedicht, was ich ändern wollte.“ (S. 178)

Jessicas Schule wird bei einem Bombenangriff zerstört, dabei gehen alle eingereichten Gedichte der Schüler verloren, außer Jessicas Gedicht, das sie Miss Philemon gegeben hatte. Jessica verbringt ihre Zeit in der Bücherei und liest und liest. Am Ende gewinnt Jessica mit ihrem Gedicht den Wettbewerb, sie kauft ein Bild in Mrs Hopkins‘ Galerie, und das Gedicht erscheint in der Times. Der Schriftsteller Arnold Hanger schickt ihr ein Glückwunsch-Telegramm.

Jane Gardam erzählt die Geschichte in ihrem Debütroman „Weit weg von Verona“, charmant und witzig. Ihre junge Heldin ist reizend und frech. So weiß Jessica schon sehr früh in ihrem Leben, was sie will. Sie will Schriftstellerin werden. Und dafür tritt sie selbstbewusst und kämpferisch auf.

Die Figur der Jessica Vye ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und sie ist es, die mich als Lesende an das Buch bindet. Denn die Handlung an sich ist schnell erzählt und wenig spektakulär. Und selbst die brisante Zeit des 2. Weltkrieges, in die Jane Gardam den Roman verlegt, fließt erstaunlich harmlos in das Erzählen ein.

Für mich ist „Weit weg von Verona“ eher ein Jugendbuch als eine Lektüre für Erwachsene. Und als Jugendbuch wurde es 1991 mit dem US-amerikanischen Phoenix Award der ChLA (Children’s Literature Association) ausgezeichnet.

Allerdings ahnt man in diesem Erstlingswerk unschwer Jane Gardams Schreibtalent und ihren Humor, was das Lesen des Buches unterhaltsam und kurzweilig macht.

Jane Gardam: Weit weg von Verona.
Hanser, Juli 2018.
240 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.