James Gould-Bourn: Pandatage

Wenn tatsächlich zutrifft, was der Klappentext sagt, dass nämlich der Roman „Pandatage“ das Debüt dieses Autors ist und im Rahmen eines Kurses für Kreatives Schreiben entstand – dann hätte ich gerne die Kontaktdaten des Kursleiters. Hut ab, dieser Roman ist schon wunderbar, hier passt alles, nichts ist zu viel, nichts fehlt.

Danny lebt mit seinem 11-jährigen Sohn Will allein in einer Mietswohnung, seit seine Frau bei einem Autounfall ums Leben kam. Die beiden haben schon ohnehin Kommunikationsprobleme, die aber noch dadurch intensiviert werden, dass Will seit dem Tod seiner Mutter nicht mehr spricht. Er saß mit in dem Auto, als der Unfall geschah und sagt seither kein einziges Wort. Danny leidet daher nicht nur unsäglich unter dem Verlust seiner über alles geliebten Frau, sondern auch, weil er Wills Leid mitansehen muss.

Hinzu kommen äußere Probleme in Gestalt des angsteinflößenden Vermieters Reg und seines Schlägers Mr. Dent. Denn Danny ist mit der Mietzahlung in Verzug und verliert schließlich zu allem Überfluss auch noch seine Arbeitsstelle. Davon erzählt er Will jedoch nichts und verlässt jeden Morgen wie üblich das Haus, doch statt zur Arbeit begibt er sich auf Arbeitssuche. Nur findet er keinen Job und die letzte von Reg gesetzte Frist zur Zahlung der ausstehenden Miete läuft ab.

Neidvoll beobachtet er Straßenkünstler, die mit ihren Vorführungen stattliche Beträge einzunehmen scheinen. Als Danny durch Zufall in einem Laden für Kostümverleih landet, erwirbt er von seinem letzten Geld ein Pandakostüm und beschließt, ebenfalls im Park damit aufzutreten. Nur leider kann er weder singen noch jonglieren oder zaubern. Und auch nicht tanzen. Das ändert sich erst, als er Krystal begegnet, einer wahrhaft talentierten Tänzerin, die ihm einige Tanzschritte beibringt.

Währenddessen wird Will in der Schule von eine Gruppe Mitschülern drangsaliert. Als Danny, in Pandagestalt, das eines Tages mitbekommt und Will unerkannt hilft, beginnt dieser mit dem Panda zu sprechen. Nach und nach erzählt Will dem Panda von seinen Sorgen und den Problemen mit seinem Vater. Gerade diese Szenen sind es, die Momente, in denen die Leserin tiefen Einblick bekommt in die Trauer und den Verlust der beiden, die dem Autor so wunderbar gelungen sind. Wie geschickt er auf dem schmalen Grat balanciert zwischen zu viel Humor, zu großer Flapsigkeit, zu viel lockerem Witz auf der einen Seite und zu dick aufgetragenem Gefühl, zu starkem Kitschfaktor und übertriebener Sentimentalität auf der anderen, das ist schon fast genial. Jedes Lachen, das beim Lesen gerade noch laut erklang, bleibt kurz darauf im Hals stecken, wenn Danny um Wills Liebe und sein Vertrauen kämpft.

Als Will nämlich schließlich dahinterkommt, wer in dem Pandakostüm steckt, führt das natürlich zu einer heftigen Auseinandersetzung. Nach und nach treibt die Handlung auf den Höhepunkt zu.

Über die so einfühlsam und pointiert geschilderten Szenen hinaus sind es auch die Figuren, die mit viel Liebe und Humor gezeichnet sind. Herrlich zum Beispiel Dannys Freund Ivan oder der schreckliche Reg mit seinen klischeetriefenden Drohungen, Mo, der schwerhörige beste Freund von Will mit einem Faible für Tierfilme, und allen voran natürlich Krystal, die Schnoddrige, Widerspenstige, die sich als treue Freundin erweist.

Ein wunderbarer Roman über Liebe, Treue und Freundschaft, Verantwortung und Vertrauen. Ein wunderbares Buch zum Lachen mit ein paar Tränen im Augenwinkel.

James Gould-Bourn: Pandatage.
Kiepenheuer&Witsch, Mai 2020.
384 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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