James Corey: Nemesis-Spiele

nemSeitdem die Menschheit sich im Sonnensystem ausgebreitet hat, Monde besiedelt, Raumstationen in Betrieb genommen und auf dem Mars eine Kolonie gegründet hat, drängen die Kolonisten auf ihre politische wie wirtschaftliche Freiheit.

Insbesondere die Gürtler, wie man die im Asteroidengürtel, zumeist ohne Gravitation aufwachsenden Menschen nennt, haben sich in ihren Autonomiebemühungen besonders hervorgetan.

Die Allianz der Äußeren Planeten, die AAP hat dabei mehr als einmal, durch die Not getrieben, zu den Waffen gegriffen. Während ihr gemäßigter Anführer Fred Johnson an Bord der Tycho-Station nach der Öffnung des Alien-Portals und der Möglichkeit für alle Menschen fremde Planeten zu besiedeln versucht den politischen Dialog mit der Erde und Mars aufrecht zuhalten, macht sich der radikale Arm der AAP dran, den drohenden menschlichen Exodus und damit den Verlust der Notwendigkeit im Gürtel Rohstoffe zu schürfen, mit allen Mitteln zu verhindern. Verheerende Terroranschläge mit Milliarden Toter werden auf die Erde verübt, der Marsianische Präsident gejagt, die Tycho-Station und damit ihr eigener Anführer Fred angegriffen und das Protomolekül gestohlen.

Mittendrin die Crew der Rosinante.

Das Raumschiff selbst liegt im Dock der Tycho-Station und wird generalüberholt, so dass die vierköpfige Crew endlich einmal Zeit findet, sich um ihre privaten Angelegenheiten zu kümmern.

Amos reist auf die Erde um den Tod einer alten Freundin zu untersuchen, Alex versucht auf dem Mars seine Ex-Frau zu besuchen, Naomi erhält einen Hilferuf, der sie zu den AAP Rebellen führt, nur Holden bleibt bei seinem Raumschiff.

Alle vier geraten damit ins Visier der Terroristen – und finden sich, wie üblich, mitten im Geschehen wieder …

Back to the Roots, so könnte man den vorliegenden Roman umschreiben. Nachdem unsere Crew im letzten Band die Weiten der Galaxis und die Relikte der nach wie vor unbekannten, offensichtlich aber verschwundenen Hochkultur untersucht und teilweise in Besitz genommen hat, bleibt die Rosinante dieses Mal im heimischen Sternensystem.

Und auch hier gibt des dramatische Entwicklungen. Terror als Mittel politischer Einflussnahme wird gerade hoffähig, und auch die Durchsetzung des eigenen Willens, so nachvollziehbar die Gründe auch sein mögen, mittels ultimativer Gewalt, das ist erschreckend aktuell.

Wenn nun die Gürtler, die Dank der vielen plötzlich erreichbaren Welten die zu besiedeln sind um ihre Existenzgrundlage fürchten, die vergessen, ausgegrenzt und abgeschoben werden sich entscheiden, dass nur noch der ultimative Kampf ihnen helfen kann, dann erwartet ihre Gegner das Grauen.

Bombardements aus dem All sind kaum zu verhindern, die Folgen, Tsunamis und eine neue Eiszeit werden plastisch vorstellbar und überzeugend aus Sicht von Amos geschildert.
Über Naomi erhalten wir einen Einblick in die gewalttätige Splittergruppe, die hinter den Anschlägen steckt, Holden zeigt die Gratwanderung Freds, der den Dialog nicht abreissen lassen will, aber von seinen eigenen Leuten im Stich gelassen wird. Und über Alex bekommen wir dann noch Einblick in die Vorgänge auf dem Mars.

Das vermittelt, auch wenn der häufige Perspektivenwechsel so manches Mal etwas stört, ein sehr komplexes Bild der aktuellen politisch-wirtschaftlichen Lage, macht uns die jeweilige Motivation der Gruppen ebenso gut nachvollziehbar, wie interessant.

Und die Spannung kommt dabei wahrlich nicht zu kurz. Es gibt Anschläge, Raumgefechte, Verrat und Kämpfe zu Hauf, alles in sich logisch mit dem Plot verzahnt, und packend zu lesen.

Gerade weil die Handlungsstränge parallel laufen, weil sie sich gegenseitig beeinflussen und ergänzen ergibt sich für den Leser ein überaus faszinierendes, komplexes Bild das Realität atmet.

So ist auch dies wieder ein Pageturner erste Klasse, ein Roman, der aktuelle Sorgen und Entwicklungen beinhaltet, der sich um Gleichberechtigung, Emanzipation von Minderheiten und drohende Flüchtlingsströme dreht, aber auch die Unterhaltung dabei nie vergisst.

James Corey: Nemesis-Spiele.
Heyne, Juni 2016.
608 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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