James Corey: Expanse 08: Tiamats Zorn

Die Crew der Rosinante hat schon einiges überstanden. Es begann damit, dass Kapitän Holder und seine Mannschaft den sich anbahnenden Krieg zwischen Gürtlern, dem Mars und der Erde zu verhindern suchte, dann stieß die Menschheit auf das Protomolekül. Seitdem ist nichts mehr, wie es vorher war. Das Protomolekül eröffnete mit einem Schlag, nun nennen wir es beim Namen, mit dem Torsystem, den Weg in die Galaxis. Plötzlich war sie da, die Chance auf ein neues Glück. Fremde Sonnensysteme, paradiesische Planeten, Bodenschätze zuhauf – allen Versuchen, das Torsystem unter Kontrolle, die Expansion geregelt ablaufen zu lassen war kein Glück beschieden.

Hochkonsul Duarte gründete auf Laconia sein Laconische Reich. Mit Hilfe der technischen Errungenschaften der Torbauer hat er sich zum körperlich unsterblichen Diktator über die Menschheit aufgeschwungen, selbst die Erde musste vor seiner militärisch-technischen Überlegenheit im wahrsten Sinne des Wortes die Waffen strecken.

James Holden befindet sich auf Laconia im Gewahrsam des Hochkonsuls. Er ist der Tanzbär des Diktators, lebt in einem goldenen Käfig und sinnt darauf, wie man den Diktator stürzen, die Menschheit befreien könnte. Seine ehemalige Crew ist da schon weiter. Bobbie und Alex haben sich dem bewaffneten Widerstand angeschlossen, Naomi versucht das System von Innen heraus zu sabotieren, Amos ist als Geheimagent hinter den Linien unterwegs.

Ein Versuch Duartes, den unbekannten Gegner der Torerbauer zu zeigen, dass die Menschheit schlagkräftig und selbstbewusst ist, misslingt. Tore verschwinden, mit diesen ein von Menschen besiedeltes Sonnensystem, eine Strahlung tritt aus, die den Hochkonsul lähmt. Seine 14-jährige Tochter und Vertraute versuchen den Fall des Reiches aufzuhalten. Eine Chance für die Rebellen – oder?

Vorhang auf zum vorletzten Band der Expanse Reihe. Die beiden Autoren, die im Spätherbst letzten Jahres auf Europa-Tournee auch in Deutschland Station machten, haben den Fokus ihrer Handlung, verglichen mit den Anfangstiteln, deutlich weiter gefasst. Nicht länger dient das heimatliche Sonnensystem als Bühne, die Galaxis wird zum Schauplatz der Forschungen, Intrigen und Kämpfe. Dies hat naturgemäß zur Folge, dass sich viele verschiedene Sichtweisen aufdrängen. Die beiden Autoren, die zusammen unter dem Pseudonym Corey die Saga verfassen, haben sich dafür entschieden, ihre Crew auseinander zu reißen. Zu den bekannten, und bestens mit Hintergrund versehenen Figuren gesellen sich peu a peu weitere Erzähler – Wissenschaftler, oder die Tochter des Diktators etwa, so dass wir ein immer breiteres Bild von den Geschehnissen und ihren Wechselwirkungen erhalten.

Und, ganz wie wir dies aus den bisherigen Büchern der Serie kennen, die Autoren scheuen sich auch nicht, beliebte Figuren abtreten zu lassen. Und hier wird es dann wirklich dramatisch – ohne zu viel spoilern zu wollen, auch die Crew der Rosinante altert nicht nur, sie wird auch dezimiert. Dies trägt zur inneren Glaubwürdigkeit der Reihe ebenso bei, wie die Tatsache, dass die Aliens weiterhin diffus bleiben, dass uns endlich einmal keine menschähnliche Aggressoren erwarten, die sich wie die Homo Sapiens benehmen. Hier stoßen wir mit unseren Protagonisten auf etwas Fremdes, das fremd agiert, dessen Motivation man bestenfalls mutmaßen, nicht aber erahnen oder herleiten kann.

Geschickt rücken die Autoren dieses Mal neue Erzähler ins Rampenlicht, beleuchten so auch quasi von Innen die Sichtweise der Laconier und vermitteln uns hier eine differenzierte Sichtweise der Vorkommnisse.

Das Tempo bleibt hoch, der Handlungsbogen bleibt gestrafft, auch wenn er vorliegend nicht abgeschlossen wurde. Dies wird dem letzten Teil der neun-bändigen Reihe überlassen bleiben, der wohl nächstes Jahr erscheinen wird.

James Corey: Expanse 08: Tiamats Zorn.
Heyne, Januar 2020.
608 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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