J. Courtney Sullivan: Sommer in Maine

sommerWie jedes Jahr im Sommer steht ein Urlaub in Maine auf dem Programm. Während Alice im modernen Sommerhaus mehrere Monate lebt, kommen ihre Kinder, Enkel im Wechsel, um im alten Sommerhaus nebenan für ein paar Wochen zu entspannen. Die alte Dame solle nicht zu lange sich selbst überlassen sein, meint die hilfsbereite Schwiegertochter Ann Marie. Alice Tochter Kathleen will dagegen mit ihrer Mutter seit dem Tod des Vaters vor zehn Jahren so wenig wie möglich zu tun haben. Und Maggie, Kathleens Tochter, fährt statt ihrer regelmäßig nach Maine. In diesem Jahr kommt sie ohne ihren Freund, um sich darüber Klarheit zu verschaffen, wie ihr Leben demnächst als alleinerziehende Mutter aussehen könnte. Die Sommeridylle wird unterbrochen, als Ann Marie erscheint und per Zufall erfährt, dass Alice das mit 2,3 Millionen geschätzte Anwesen der Kirche vererben will.
Die Autorin J. Courtney Sullivan hat in ihrem Roman „Sommer in Maine“ unterschiedliche Frauenbiographien gegenübergestellt und jeder viel Raum gegeben, um ihr Leben und ihre Gedankenwelt auszubreiten. Die alte Dame, die unfreiwillig Mutter und Ehefrau wurde; die Schwiegertochter, selbst Mutter und Großmutter, die durch ihr Image der emsigen, perfekten Hausfrau unfrei geworden ist; die Tochter, die auf vielen Umwegen endlich ihr Lebensglück gefunden hat und schließlich Alice ledige Enkelin, die Anfang dreißig als Schriftstellerin Karriere machen will. In wechselnden Kapiteln zeigt die Autorin das Leben der vier Frauen über einen Zeitraum von zwei Sommermonaten. In Rückblenden wird die nicht immer einfache Lebensgeschichte offenbart. Jedem einzelnen Frauenleben, unabhängig vom Sympathiefaktor, folgt man gerne, zumal für Leserinnen reichlich Potenzial für Identifizierung geboten wird. Der insgesamt überschaubare Plot und der dazu passende Spannungsbogen können den Eindruck erwecken, dass die Autorin die gute Idee einer Kurzgeschichte zu einem Roman ausgebaut hat. Statt einer Hauptfigur hat sie vier Frauen jeweils eine eigene Geschichte gegeben, die als Verbindung ihre Familienzugehörigkeit und einen gemeinsamen Urlaubsort haben. Auf diese Weise sind unterschiedliche Lesarten möglich. Neben der chronologischen Lektüre könnte der Leser auch sprunghaft einzig und allein den Kapiteln „Alice“, „Maggie“, „Kathleen“ oder „Ann Marie“ folgen und hätte jeweils eine eigenständige Erzählung. Insgesamt bietet der Roman eine abwechslungsreiche und zugleich unaufgeregte Urlaubslektüre, die dem Leser Lust auf Maine macht und zugleich eine versöhnliche Urlaubsstimmung schenkt.

J. Courtney Sullivan: Sommer in Maine.
Blanvalet, Juli 2014.
528 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.