Ivar Leon Menger: Als das Böse kam

Die sechzehnjährige Juno lebt mit ihrem kleinen Bruder Boy und ihren Eltern auf einer Insel in einem schwedischen See. Niemand darf wissen, dass sie dort sind, denn ihr Vater hat vor Jahren etwas getan, das dem Leser erscheint wie eine Aussage gegen die Mafia und seitdem versteckt sich die Familie. Der einzige Kontakt ist der Postbote Ole, der aber die Kinder auch niemals sehen darf. Es gibt einen Fluchtkeller und Pläne für den Notfall. Juno ist mit dieser Geschichte aufgewachsen und hat sie niemals bezweifelt. Stets war sie gehorsam und dass Ole sie eines Tages sieht, ist wirklich nur ein Versehen.

Dann taucht eines Nachts Luca auf. Luca klingt für den Leser eher italienisch, wer ist dieser Geheimnisvolle, der eine ganz andere Geschichte andeutet und Juno in den Unterlagen ihrer Eltern wühlen lässt?

So beim einfachen Durchlesen fand ich das Buch, dass der Verlag als Thriller beschreibt, durchaus spannend. Ich fand es auch nachvollziehbar, wie der Autor sich langsam aber sicher an die Wahrheit heranarbeitet. Der brutale Verlauf kurz vor dem Ende ließ mich dann allerdings völlig unbefriedigt zurück. Das war dann auch der Zeitpunkt, wo ich anfing, die Logik des Romans anzuzweifeln. Ein anscheinend seit Wochen daran arbeitendes Einsatzteam schafft es nicht, zwei Kinder in Sicherheit zu bringen, die zeitweise völlig unbeaufsichtigt über die Insel laufen? In einem See, durch den eine Jugendliche schwimmen kann? OK, Juno hätte dann nicht selbst herausfinden können, wer sie ist, aber es hätte mit deutlich weniger Verlusten abgehen können. Und wieso fängt der Vater ausgerechnet jetzt an zu trinken, wo er doch zu Anfang des Buches als durchaus liebender und fürsorglicher Vater auftrat? Macht ihm ausgerechnet jetzt der Mord zu schaffen? Wohl kaum. Zu Anfang lassen sich manche Brüche noch mit der Unwissenheit der Sechzehnjährigen erklären, z.B. die absolute Strenge der Eltern, aber im Verlauf des Romans wird der erwachsene Leser zunehmend genervt. Dazu kommen Andeutungen, wie der Aufenthalt der Mutter in einer wie auch immer gearteten psychiatrischen Anstalt, die jedoch nie aufgelöst werden. Ich muss nicht jede Lösung auf dem Silbertablett serviert bekommen, aber ein wenig mehr Information hätte hier nicht geschadet.

Insgesamt ein Thriller, der auch für jugendliche Leser geeignet wäre, wenn da nicht der brutale Showdown wäre. Durchaus spannend, mit atmosphärischem Setting, das wirklich gut zur Geschichte passt. Junos langsames Begreifen fand ich genial beschrieben, aber rechts und links des Plots wurde nicht ausgearbeitet.

Ivan Leon Menger: Als das Böse kam.
dtv, Juli 2022.
320 Seiten, Taschenbuch, 15,95  Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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