Isa Grimm: Klammroth

klammKlammroth war einst ein idyllisches Dörfchen an der Weinstraße, in dem es sich die Touristen gut gehen ließen. Lauschige Weinstuben luden zum Umtrunk ein, das tiefe Tal und die umliegenden Wälder zum Wandern und Spazieren.

Alles ändere sich, als die Fernstraße verlegt wurde und ein grauenhaftes Unglück die Jugend des Städtchens traf.

Ein Ausflug endete in einer Katastrophe. In einem Tunnel rasten vier voll besetzte Busse mit Schülern ineinander, fast einhundert Jugendliche verbrannten bei lebendigem Leib, die wenigen Überlebenden waren für ihr Leben gezeichnet.

Anais, Tochter des Schulleiters, war eine diese Überlebenden. Ihren Rücken ziert ein Narbengeflecht, ihre seelischen Wunden verarbeitet sie als Schriftstellerin in ihren Romanen und als Eventkünstlerin durch die Zurschaustellung ihre unbekleideten Körpers.

Als ihre Stiefmutter tot im ausgebrannten Haus ihres dementen Vaters aufgefunden wird, muss sie an den Ort ihrer traumatischen Jugend zurückkehren. Begleitet nur von ihrer in London lebenden Tochter stellt sie sich ihren Erinnerungen und trifft auf alte Bekannte.

Wer aber hat ihre Stiefmutter ermordet, und warum wird sie vom Unfallort, dem alten längst geschlossenen Tunnel angezogen?

Die Spuren führen weit zurück in die Vergangenheit. Schon kurz vor dem Ende des zweiten Weltkrieges kamen im Tunnel eine Reihe von Kindern ums Leben. Doch wie hängen die beiden Tragödien zusammen, wer oder was steckt hinter dem Leid, den Schmerzen und dem Tot der mit dem Tunnel verbunden ist?

Auf der Suche nach Antworten findet Anais auch so manche Antworten, die sie lieber nicht gehört hätte, stößt auf Geheimnisse und Abgründe ohnegleichen …

Isa Grimms Erstlingsroman greift ein Thema auf, das der Dramaturgin laut Verlagsangaben immer schon wichtig war. Sie promovierte über Gespenstergeschichten und so ist es kein Wunder, dass es vorliegend auch um Gespenster – wenn auch nicht der klassischen Art – geht.
Von der Stimmung her erinnerte mich der Roman etwas an Stephen Kings „Es“, wie dieser auch begegnet uns auf dem Weg eine Gruppe junger Menschen voller Träume, Hoffnungen und Pläne, die durch ein Ereignis aus der Bahn geworfen werden. Hier aber hört denn auch die Gemeinsamkeit schon wieder auf.

Isa Grimm geht es im Roman darum, ihren Leser durch eine atmosphärisch dichte, stilistisch sehr ansprechende Handlung gefangen zu nehmen. Und es geht ihr darum aufzuzeigen, wie Leid, sei es körperlich oder seelisch Menschen prägt, beeinflusst und verändert.
So ist dies bei all der gruseligen Atmosphäre des Bandes, all der nervenzerfetzenden Spannung auch, ja insbesondere ein Buch über das Leiden und über Schuld. Hier hat die Autorin eine faszinierende Charakterstudie betrieben, bringt uns auf unaufdringliche Art und Weise die traumatisierte Protagonistin näher und vermittelt deren Emotionen auf erschreckend direkte, ergreifende Art und Weise.

Isa Grimm: Klammroth.
Bastei Lübbe, März 2014.
336 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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