I.K.H. Kronprinzessin Mette-Marit & Geir Gulliksen (Hrsg.): Heimatland und andere Geschichten aus Norwegen

In diesem Erzählband lassen die Herausgeber AutorInnen mit Bezug zu Norwegen aufgrund der jeweiligen literarischen Aussagen ihrer Geschichten zu Wort kommen. In einem Vorwort tauschen sich die beiden Herausgeber über ihre ausgewählten Beiträge für dieses Buch aus und darüber, welchen Bezug sie selbst zur norwegischen Literatur haben. So ist das offizielle Wirken von I.K.H. Kronprinzessin Mette-Marit, die sich schon früh mit Literatur beschäftigt hat, häufig durch Vermittlung von Literatur geprägt. Ihr Mitherausgeber Geir Gulliksen ist in Norwegen mit mehr als fünfundzwanzig Büchern bekannt. Beide Herausgeber vereint die Faszination von Literatur, die Gewichtung und Aussagekraft literarischer Texte samt ihrer Sogwirkung mit den Prozessen, die sie bei LeserInnen auslösen können.

So unterschiedlich wie die in diesem Buch vertretenen AutorInnen sind, lesen sich auch ihre Texte, die das Leben in Norwegen in vielfältigster Form spiegeln. In ihren Beiträgen berichten sie    darüber, welche Bedeutung der Begriff Heimat, das Gefühl des zu Hause seins, im Zusammenhang mit dem Norwegischen für sie hat. Die AutorInnen definieren so mit individuellen Blickwinkeln und Herangehensweisen ihr Heimatland mit all seinen landschaftlichen und klimatischen Facetten, seinen Prägungen durch Historie, Kultur und den Menschen die es bevölkern.

Einige der hier versammelten SchriftstellerInnen wie Karl Ove Knausgård, der mit dem Text Das Heimatland vertreten ist oder Siri Hustvedt (Die zwei Norwegen), haben sich längst bedeutende Namen auf dem internationalen Buchmarkt gemacht.

Siri Hustvedts Blick auf Norwegen ist in diesem Erzählband ein lang vergangener, der das Leben ihrer Vorfahren beleuchtet.

Wencke Mühleisens Text greift auf, wie man mit fortschreitendem Alter als Frau von der Gesellschaft zunehmend weniger wahrgenommen, ja fast unsichtbar wird und wie sich Frauen unter diesem Aspekt selbst sehen: Die männliche Kompetenz wird zum erotischen Kapital, während Frauen an der Macht sich mit zweifelhaften Almosen begnügen müssen und als asexuelle, strenge Mutterfiguren gesehen werden. Man denke nur an die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg, an Angela Merkel, Hillary Clinton, Theresa May und so weiter… (eBook S.87).

Die Autorin Marit Eikemo beschreibt in Liebe gibt es auch auf diesen Straßen die Autofahrt einer Mutter mit ihrer sechzehnjährigen Tochter in Hardanger. Die Betrachtungsweise der Mutter spiegelt die Landschaft und das Verhältnis zur Tochter. Der letzte Text mit dem Titel „Kann man einer Nationalsprache den Garaus machen, stammt von Dag Solstad, der darin die Gefahr eines Identitätsverlustes im immer schneller fortschreitenden Wandel unserer Zeit beklagt.

Weitere AutorInnennamen von denen wir in diesem Erzählband lesen, sind Tomas Espedal, Vigdis Hjorth, Ole Robert Sunde, Demian Vitanza, Helga Flatland, Agnes Ravatn, Maria Navarro Skaranger.

In vielen Beiträgen geht es um Erinnerungen und um Kindheit. Sie offenbaren mit klarer, direkter Sprache das, was sonst unter der Oberfläche schlummert. Allen Texten gemeinsam ist ihre Tiefe und die besondere Stimmung, die sie beim Lesen erzeugen. – Einfach gesagt das, was gute Literatur ausmacht. Erwähnt werden sollten in diesem Zusammenhang auch die drei Übersetzer Paul Berf, Ulrich Sonnenberg und Dr. Gabriele Haefs.

I.K.H. Kronprinzessin Mette-Marit & Geir Gulliksen (Hrsg.): Heimatland und andere Geschichten aus Norwegen.
Luchterhand Literaturverlag, September 2019.
328 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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