Hans Rosenfeldt: Wolfssommer

Er wollte bei einer Drogenübergabe alles für sich allein. Um an das Geld und die Drogen heranzukommen, ging er über Leichen. Er tötete die Kunden seines Chefs und seine Kollegen. Es hätte das große Ding seines Lebens werden können, wenn der Wagen nicht auf einem einsamen Waldweg eine Panne gehabt hätte. Die finnische Grenze hatte er bereits hinter sich gelassen. Zu diesem Zeitpunkt, mitten in der Nacht, wusste in Schweden niemand, wer er war. Eigentlich die idealen Bedingungen, unerkannt zu fliehen, wenn nicht zu der Wagenpanne in der Nähe der Stadt Haparanda noch ein Unfall hinzugekommen wäre. Der Unfallverursacher hätte die Polizei rufen und einen toten Fremden melden können. Aber er tat es nicht. Der unerwartete Reichtum in dem anderen Fahrzeug und die juristischen Folgen seiner Ehrlichkeit verleiteten ihn zu schweigen. Wie so oft in seinem Leben entschied der Finder sich für den scheinbar leichtesten Weg.

Doch die Tradition der falschen Entscheidungen hat nun tödliche Folgen, weil unglückliche Zufälle eine verhängnisvolle Kettenreaktion in Gang setzen. Erschreckend schnell sucht sowohl die Polizei als auch eine russische Profi-Killerin nach ihm.

Hans Rosenfeldt wurde international für seine Drehbücher zu der skandinavischen Serie »Die Brücke« bekannt. Seine Geschichten, die er in der Regel mit Co-Autoren entwickelt, erzählen von brutalen Verbrechen und unglücklichen Verwicklungen, bei denen der Zufall und findige Frauen eine wichtige Rolle bei der Aufklärung spielen.

In seinem siebten Buch, das von Ursel Allenstein übersetzt wurde, übenehmen diese Rollen die schwedische Polizistin Hanna und die russische Profi-Killerin Katja, die innerhalb weniger Tage zu Gegnerinnen werden. Aus diversen Parallelhandlungen entwickelt sich für alle Beteiligten ein Chaos. Die Frage ist, wer schafft es, die Begegnung mit der Profi-Killerin zu überleben. Denn sie kennt keine Gnade. Ihr Auftrag lautet, den Besitzer des Geldes und der Drogen zu töten und die Beute nach Russland zurückzubringen.

Der Thriller liest sich sehr spannend, mitunter irritiert ein Perspektivwechsel für eine kleine Weile, bis die Zusammenhänge offenkundig werden. Das Geflecht von unterschiedlichen Interessen sorgt für ein flottes Tempo und eine stetig wachsende Spannungskurve, der man sich nicht entziehen möchte. Viel zu groß ist die Neugier, ob bestimmte Personen ihr Ziel erreichen beziehungsweise überleben. Hans Rosenfeldts Stärke ist eindeutig die Entwicklung von rasanten Geschichten. Die sprachliche Ebene und die Zeichnung der Charaktere bekommen dabei nicht immer den Raum, den sie bräuchten.

Hans Rosenfeldt: Wolfssommer.
Rowohlt, Oktober 2020.
480 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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