Håkan Nesser: Schach unter dem Vulkan

Herbstzeit ist Krimizeit. So auch für Håkan Nesser, den schwedischen Schriftsteller (Jahrgang 1950), der nach fast genau einem Jahr, nach dem „Barbarotti und der schwermütige Busfahrer“ erschienen ist, nun den 7. Band der Kommissar Barbarotti Reihe veröffentlicht. Am 4. Oktober 2021 kam bei btb Nessers „Schach unter dem Vulkan“ in einer Übersetzung von Paul Berf heraus.

Kommissar Gunnar Barbarotti ermittelt in diesem Fall im Schriftsteller/innenmilieu. Im November des Jahres 2019 verschwindet der Autor Franz J. Lunde nach einer Lesung in Kymlinge spurlos. Zunächst ist Barbarotti auf sich allein gestellt, denn seine Kollegin und Lebenspartnerin Eva Backmann ist nach Australien geflogen, um zu klären, warum ihr Sohn Kalle dort in Untersuchungshaft gelandet ist.

Barbarotti erfährt, dass Lunde während seiner Lesungen von einer weiblichen Person aus dem Publikum bedroht wurde. Lunde arbeitete an einem Text mit dem Titel „Letzte Tage und Tod eines Schriftstellers“. In seinem früheren Roman „Das feinmaschige Netz“ beschreibt Lunde einen perfekten Mord. Erste Befragungen mit Lundes Lektorin Rachel Werner, seiner Schwester, seiner Tochter Viktoria und seinem besten Freund Benny Kohlberg führen zu nichts. Dann wird Lundes Auto gefunden: ausgebrannt und ohne Spuren. Auch die Stockholmer Polizei, vertreten durch die Polizeianwärterin Sarah Sisulu und ihren Kollegen Kommissar Pallander, treten auf der Stelle.

Im Dezember meldet Mirja Laine ihre Freundin und Dichterin Maria Green vermisst. Nach der Lesung in einem Versammlungshaus in Gardeby übernachtet Green in einem Hotel in Kymlinge und wird nicht mehr gesehen. Green fühlte sich verfolgt. Auch sie hinterlässt Aufzeichnungen in einem Notizbuch. Die Recherchen in Greens Umfeld bringen Barbarotti nicht weiter.

Im Frühjahr 2020 erhält der Literaturkritiker Jack Walde bedrohliche Botschaften. Er will sich mit dem Urheber treffen. Danach verliert sich Waldes Spur. Zum Glück ist Eva Backmann inzwischen aus Australien zurück und kann Barbarotti bei den weiteren Ermittlungen unterstützen.

Und dann ist da noch der Tod der jungen dänischen Schriftstellerin Trine Bang, die 2017 von einem Balkon sprang. Doch wie hängt das alles zusammen?

Erst die Zeugenaussage eines ehemaligen Schiffsmaklers und ein Leichenfund bringen die Kommissare Barbarotti und Backmann im Corona-Sommer 2020 auf eine heiße Spur.

Håkan Nesser legt mit „Schach unter dem Vulkan“ bewährte und gute Krimispannung vor. Er gibt der Geschichte viel Raum zur Entwicklung. Bevor Kommissar Barbarotti die Erzählbühne betritt, ist zunächst die Figur des Schriftstellers Lunde am Zug. Dann kommt Barbarotti, um im nächsten Kapitel der Dichterin Maria Green Platz zu machen. Nach dem anschließenden Wechsel zu Barbarotti ist dann der Literaturkritiker Walde an der Reihe. Die letzten Kapitel des Krimis sind mit der Ermittlungsarbeit von Barbarotti und Backmann gefüllt. Diese Wechsel lassen Platz für viele Details. Und ich als Lesende  gerate dabei ins Spekulieren, ins Rätseln. Wer war es? Spannend.

Dabei ist das Tempo eher gemässigt und Gewaltszenen finden sich bei Nesser nicht. Der schwedische Schriftsteller versteht sich auf die Kunst, die Leserinnen und Leser Schritt für Schritt auf der Suche nach der Lösung des Falls interessiert mitzunehmen. Und die Lösung braucht Zeit. Gerne nehme ich mir diese Zeit beim Lesen und begleite die beiden Ermittler bei ihrer Arbeit. Da brauchen sie mich nicht mit Pistolengeknalle oder sadistischen Psychopathen zu ködern. Håkan Nessers Krimis sind spannend, feinfühlig und gut geschrieben. Und da ist „Schach unter dem Vulkan“ keine Ausnahme. Bitte lesen!

Håkan Nesser: Schach unter dem Vulkan.
Aus dem Schwedischen übersetzt von Paul Berf.
btb, Oktober 2021.
432 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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