Graham Swift: Ein Festtag

Ein zauberhaftes Büchlein legt der 1949 geborene englische Autor Graham Swift vor. Es heißt „Ein Festtag“ und spielt in einer Zeit, in der sich begüterte englische Familien noch Personal leisteten und es allgemein recht gesittet und förmlich zuging.

Zumindest nach außen hin – denn als die Familie, in der die junge Jane als Dienstmädchen arbeitet, am Muttertag 1924 einen Picknick-Ausflug ohne sie unternimmt, fährt die junge Frau schnurstracks zu ihrem Geliebten Paul. Der ist reicher Sprössling einer anderen begüterten Familie und soll demnächst standesgemäß verheiratet werden. Die beiden widmen sich an diesem herrlich frühlingshaften „Festtag“ vor allem einem: der körperlichen Liebe. Paul, der schnelle Autos liebt, hat seiner Familie und seiner Verlobten weisgemacht, dringend für sein Jura-Studium pauken zu müssen. Der Tag – soviel, aber auch nicht mehr, sei verraten – endet nicht gut.

Dieser nur 144 Seiten dicke Roman lebt von einer wunderschönen poetischen und erotisch aufgeladenen Atmosphäre. Man spürt förmlich die milde Frühlingsluft, wie sie in das Zimmer des mondänen Herrenhauses weht, in dem sich Jane und Paul vergnügen.

Und er lebt von dem, was nicht direkt gesagt wird, aber zwischen den Zeilen steht –zum Beispiel wie Paul zu seinem Jura-Studium und zu seiner künftigen Braut steht. Oder wie viel Janes Dienstherr von ihrer heimlichen Beziehung weiß.

Auch gelingt es dem Autor mit nur wenigen Worten, feinste psychologische Schwingungen seiner Hauptfiguren zu transportieren.

Swift kombiniert die Ereignisse des Jahres 1924 mit dem, was Jane in ihren späteren Jahren erlebt. Doch sogar als 90-Jährige, die mittlerweile eine erfolgreiche Schriftsteller-Karriere hingelegt hat, erinnert sie sich an diesen einen besonderen „Festtag“.

Graham Swift: Ein Festtag.
dtv, Mai 2017.
144 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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