Eva Baronsky: Manchmal rot

rotChristian von Söchting ist ein erfolgsverwöhnter Anwalt. Kurz davor, einen Megadeal abzuschließen, eine renommierte amerikanische Kanzlei macht Fusionsangebote. Was will man mehr? Die einzigen Hindernisse sind das Schwarzgeldkonto des Vaters, das er auflösen soll, und der Seniorpartner der Kanzlei, der gegen die Fusion ist. Aber Christian ist davon überzeugt, dass er auch diese Probleme bald lösen wird. Nur, dass Freundin Charlotte ihn verlassen hat, trübt seine Stimmung. Dass er eine Putzfrau hat, merkt er nur daran, dass die Luxuswohnung regelmäßig in Ordnung gebracht wird und der 50 Euro Schein auf der Küchentheke verschwindet. Wer sie ist, weiß er nicht, Charlotte hatte sie damals eingestellt, schwarz.
Die Putzfrau heißt Angelina, hat sehr eingeschränkte Interessen und nie lesen gelernt. Den Mann, für den sie putzt, sieht sie nie, von seiner Welt weiß sie nichts.

Das ändert sich schlagartig, als sie beim Wechseln einer Glühbirne von der Leiter fällt. Sie wacht im Krankenhaus auf. Christian ist beunruhigt – Ermittlungen wegen einer illegal Beschäftigten kann er momentan überhaupt nicht gebrauchen. Als er sie in der Klinik besucht, ist er erleichtert: ein Stromstoß hat ihr Gedächtnis ausgelöscht.
Angelina weiß nichts mehr von ihrem Leben, nicht einmal ihren Namen. Während sie versucht, herauszufinden, wer oder was sie vor dem Sturz war, entdeckt sie Fähigkeiten an sich, die sie bisher nicht hatte.
Bald zwingen die Umstände sie dazu, sich in Christians Obhut zu begeben und dieser Zusammenprall unterschiedlicher Welten zwingt beide dazu, ihre bisherigen Gewissheiten und Vorurteile zu überdenken.

Nach „Herr Mozart wacht auf“ und „Magnolienschlaf“ legt die Autorin hier ihren dritten Roman beim Aufbau Verlag vor. Drei Romane, die unterschiedlicher nicht sein könnten, alle drei faszinierend.
Im vorliegenden Werk lässt Eva Baronsky zwei Welten aufeinanderprallen. Den Anwalt aus gutem Haus, arrogant, erfolgsverwöhnt, skrupellos, wenn es sein muss, und die analphabetische Putzfrau, deren Existenz aus Hartz 4, illegalen Putzstellen und einem primitiven Freund besteht. Angelinas einziges Hobby ist es, zu stricken.
Das ändert sich schlagartig, als sie ohne Gedächtnis im Krankenhaus aufwacht und fassungslos anfängt zu erkunden, wer sie war. Sie ist nicht mehr dieselbe, aber wie sehr sie sich verändert hat, bekommt sie im Lauf des Romans heraus. Die Autorin führt den Leser dicht in die Innenwelt der beiden Protagonisten hinein und die Veränderungen der beiden werden beim Lesen so spürbar, als hätte man täglichen Umgang mit ihnen. Eine Milieustudie vom Feinsten, und wer den Mozart vor allem wegen der Thematisierung der Musik geliebt hat, wird hier auch interessante Einblicke erhalten. Auch der anfangs nicht nachvollziehbare Titel erweist sich als treffend. Lesegenuss vom Feinsten.

Eva Baronsky: Manchmal rot.
Aufbau, Februar 2015.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Susanne Ruitenberg.

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