Ella Carey: Die Frauen von New York 01: Glanz der Freiheit

Manchmal stellt sich erst später heraus, wer ein Feind ist. Lily Rose, die bisher von ihren reichen Eltern behütet worden ist, folgt ihrem Talent, dem Kochen. Rezepte auszuprobieren, macht ihr mehr Spaß, als Oberflächlichkeiten auf Partys oder gesellschaftlichen Ereignissen auszutauschen. In der Küche des berühmten New Yorker Restaurants Valentino’s darf Lily endlich das Kochen von der Pike auf lernen und dringt damit in eine Männerdomäne ein. Schnell steigt sie die Karriereleiter nach oben. Einige Kollegen werfen ihr vor, nur wegen ihrer Schönheit, ihrer Beziehungen und der Kriegsumstände Sous-Chefin geworden zu sein. Allein die Aussicht, sie könne jetzt auch noch Küchenchefin werden, sorgt für weiteren Aufruhr.

Die Australierin Ella Carey hat mit ihrem Auftakt der Trilogie Frauen in New York ein breites Feld abgesteckt. Sie liebt mutige Frauenfiguren und schreibt Romane nach wahren Begebenheiten. Aus dem Englischen übersetzten Christine und Anna Julia Strüh.

In ihrer Einleitung bedient Ella Carey zunächst Klischees. Die schöne Lily soll einen begehrten Junggesellen aus der New Yorker Gesellschaft heiraten. Doch Lily liebt einen anderen. Gleichzeitig wird sie von ihrer Großmutter inspiriert, ihren Neigungen zu folgen und ihr Glück in der Küche des Nobel-Restaurants Valentio’s zu suchen. Lily glaubt, wenn sie hart und gut arbeitet, würde ihr Eintritt in die Männerdomäne vielleicht für Irritationen sorgen. Aber nach würde jeder wissen, was sie kann. Sie glaubt ebenfalls, dass ihr Chef Giorgio ein aufgeschlossener Mann sei, der nicht nur aus Not die zum Kriegsdienst einberufenen Mitarbeiter durch Frauen ersetzt. Während des Zweiten Weltkriegs kann Lily überall erkennen, wie gesellschaftliche Konventionen aufbrechen. Viele Frauen gehen jetzt einer Arbeit nach und leisten Männerarbeit.

Einige Erlebnisse zeigen tradierte Vorurteile und Widersprüche: Beispielsweise wird ignoriert, dass Frauen täglich für ihre Familien kochen. Gleichzeitig wird ihnen die Kochkunst abgesprochen. Auch andere gesellschaftliche Widersprüche kommen auf Lily zu. Einerseits sollen Frauen moralische Ansprüche wie Sittsamkeit erfüllen, und dann zwingt Giorgio seine Sous-Chefin Lily, das knappe Kostüm eines Zigarettenmädchens für gut zahlende Gäste zu tragen. Angeblich sei sie die Einzige, die die optischen Anforderungen erfülle.

Mit Hilfe vieler Spannungselemente prallen die Auswirkungen des Krieges und zwischenmenschliche Interessenkonflikte aufeinander. Die Autorin zeigt, wie Lily Begriffe wie Feind und Freund, Mann und Frau neu erfährt und definiert. Auch Liebe und Gleichberechtigung passen nicht immer zusammen.

Wer sich von Lilys turbulenter Geschichte entführen lassen möchte, möge sich von der Fülle an Adjektiven auf den ersten Seiten nicht irritieren lassen. Denn bei der Lektüre ist man als Leserin plötzlich mitten in eine abwechslungsreiche Geschichte eingetaucht und will sie so schnell nicht verlassen.

Ella Carey: Die Frauen von New York 01: Glanz der Freiheit.
Aus dem Englischen übersetzt von Christine Strüh & Anna Julia Strüh.
Aufbau, August 2021.
420 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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