Elke Heidenreich: Männer in Kamelhaarmänteln: Kurze Geschichten über Kleider und Leute

Protect me from what I want“ So steht es jetzt auf den T-Shirts einer Frau, die sich immer wünschte, mit einem Musiker zusammenzuleben und die bekam, was sie sich wünschte ….

Ein prickelndes, erfrischendes Potpourri aus Anekdoten, Erinnerungen und skurrilen Geschichten findet sich in dem neuen Buch der bekannten Autorin Elke Heidenreich. Sie erzählt aus ihrer Kindheit und der Zeit ihrer Pubertät, als Kleiderfragen dem Alter entsprechend lebenswichtig wurden. Sie berichtet von Treffen mit Berühmtheiten, zu denen sie völlig unpassend gekleidet erschien. So geschehen bei einem Interview mit Heinz Rühmann, bei dem sie zu einer ihrer eigenen Jeans eine geliehene Seidenbluse trug, was dazu führte, dass der Schauspieler sie während des Gesprächs völlig ignorierte. Elke Heidenreich blickt auch zurück auf ihre Beziehung zu ihren Eltern und besonders zu ihrem Vater, „der einzige Mann, der Kamelhaarmäntel tragen konnte“.

Was die Autorin, die ich auch wegen ihrer anderen Bücher sehr schätze, in diesem Band in kleinen, feinen Geschichten zeigt, ist vor allem, was Kleider aus den Menschen machen können, im positiven wie im negativen, wie wichtig Kleidung für das Ego ist und wie fatal falsche Kleidung am falschen Ort für Reputation oder die eigene Selbstsicherheit sein kann. Die teils wirklich sehr kurzen Episoden, ob erfunden oder tatsächlich aus ihrem Leben – dabei ist es für mich nicht wichtig, ob alles genau so wie geschildert geschah oder ob Fantasie mit im Spiel war – sind witzig, skurril, manchmal absurd, spannend, interessant, oft mit einer wirkungsvollen Pointe beendet.

Reizvoll ist auch die Anordnung in Kapiteln, die die Geschichten nach Farben sortieren. So gibt es im Kapitel „Grün“ die Geschichte von der Frau, die stets die gleiche grüne Bluse bei offiziellen Anlässen trägt und meint, es fiele nicht auf. Sie liebt diese Bluse eben. Im Kapitel „Schwarz“ erfahren wir Interessantes zu „Lagerfelds Socken“, unter dem Kapitel „Gold“ etwas über die Kleider von Frida Kahlo.

Aber natürlich sind die Episoden am faszinierendsten, in denen die Autorin von sich selbst erzählt, von traurigen oder komischen Erlebnissen mit ihren Freundinnen und Freunden, von Liebhabern und Trennungen. Immer sind die Texte unterhaltsam, geistreich, überraschend und lebensecht.

Ein echtes Lesevergnügen, mit Geschichten so vielfältig wie die Kleidung eines Menschen im Laufe seines Lebens. Wunderbar ergänzt wird die Lektüre durch etliche Fotografien aus dem Leben der Autorin.

Elke Heidenreich: Männer in Kamelhaarmänteln: Kurze Geschichten über Kleider und Leute.
Hanser Verlag, September 2020.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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