Elizabeth H. Winthrop: Mercy Seat

Louisiana, 1943: Der junge Schwarze Willie ist angeklagt, weil er ein weißes Mädchen vergewaltigt haben soll. Diese hat sich in der darauffolgenden Nacht umgebracht mit dem Revolver ihres Vaters. Nun steht Willies Strafe fest: Er soll auf dem elektrischen Stuhl, einer Neuheit im Strafsystem, sterben. In dem kleinen Örtchen sind die Meinungen über die Strafe geteilt. Der Pfarrer glaubt nicht, dass Willie wirklich schuldig ist. Auch die Ehefrau des anklagenden Anwalts ist skeptisch. Und ihr Sohn will unbedingt die Hinrichtung sehen. Willies Vater Frank will nur noch einmal seinen Sohn lebend sehen und dann seinen Grabstein aufstellen. Am Tag von Willies Hinrichtung treffen die verschiedensten Menschen aufeinander.

„Mercy Seat“ ist ein besonderes Buch. In den unterschiedlichsten Perspektiven entwirft die Autorin ein buntes, aber bedrückendes Bild verschiedenster Südstaaten-Leben in den 1940ern. Es werden auch Personen vorgestellt, die erstmal nichts mit Willie zu tun haben, deren Schicksal aber dann doch irgendwie mit seinem verwoben ist oder denen etwas bewusst wird, das sie durch Willie lernen. Die tollste Figur ist noch die weiße Frau Ora, deren junger Sohn im Krieg dient. Jeden Tag wartet sie auf Nachrichten von der Front, hofft, dass alles gut ausgeht. Doch ihr Mann weiß etwas, das Ora nicht weiß und es wird ihr Leben erschüttern.

Dieser Roman hallt auch nach der letzten Seite nach, ist aber definitiv nur etwas für Leser und Leserinnen, die sich auf die vielen Perspektiven einlassen können. Man weiß immer, bei wem man sich gerade befindet, da der jeweilige Name zu Beginn des Kapitels steht. Aber trotzdem muss man sich auf viele verschiedene Persönlichkeiten einlassen. Das macht den Roman aber auch wirklich vielschichtig und man bekommt ein rundes Bild der Gesellschaft.

Eine ganz besondere Lektüre, die noch lange nachwirkt. Ein kurzer, aber knackiger Roman über verschiedenste menschliche Schicksale.

Elizabeth H. Winthrop: Mercy Seat.
C. H. Beck, März 2018.
251 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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