Edgar Cantero: Mörderische Renovierung

A. ist mehr als erstaunt, als er von einem ihm unbekannten entfernten Verwandten in den USA dessen Anwesen und sein reich gefülltes Bankkonto erbt. Zusammen mit seiner stummen Freundin Niamh macht er sich auf nach Virginia, um sein Erbe in Besitz zu nehmen. Ihn erwartet nichts weniger, als ein hoch-herrschaftliches Anwesen im bekannten Südstaaten-Stil.

Das Axton House, wie seine neue Wohnstatt heißt, hat einen Ruf – einen gewissen berüchtigten Ruf bei Nachbarn und Ortsansässigen. Die Axtons, die das Haus einst bauen ließen waren als mitleidlose Sklavenhalter bekannt, A.s entfernter Cousin und sein Vater galten als etwas merkwürdige, aber höflich zurückhaltende Sonderlinge. Dass beide sich gerade jeweils 50-jährig mittels einem Sturz aus einem der Fenster der Hauses das Leben nahmen, mag tragisch klingen, stört A. zunächst aber nicht wirklich. Immerhin hat der Suizid ihn zu einen begüterten Mann gemacht.

Im verwinkelten Innen des Herrschaftssitzes finden die beiden neuen Bewohner nicht nur jede Menge Bibliotheken, sondern sie stoßen auch auf Hinweise, dass der Verstorbene, wie vor ihm sein Vater, einer Geheimgesellschaft angehörte. Zur Wintersonnenwende trafen sich deren Mitglieder im Haus, um dort vermeintliche dunkle Riten zu zelebrieren. A. macht sich neugierig und wissensdurstig daran, die Geheimnisse des Hauses, seiner früheren Bewohner und des Kultes zu erforschen. Dass er dabei dem Hausgeist – einer jungen ermordeten Sklavin – begegnet ist nur der Auftakt zu weit interessanteren, aufwühlenderen Offenbarungen, auf die er stößt …

Ein Katalane, der eine Mischung aus Southern Gothic, einem verfluchten Haus und einer Gespenstergeschichte in Englisch verfasst und erstveröffentlicht, das ist schon etwas Ungewöhnliches. Wenn man dann das Buch öffnet und vom Autor aufgefordert wird, mitzuarbeiten bei der Erforschung der Rätsel, dann wird die Lektüre – interessant und fordernd.

Der Text bietet sich nicht unbedingt stromlinienförmig an. Neben Beschreibungen aus Sicht des nicht näher benannten A.s präsentiert uns der Autor Auszüge aus dessen Traumtagebuch, wissenschaftliche Abhandlungen, Video- und Audiobotschaften und zu dechiffrierende Botschaften. Und doch ist es eben diese ungewöhnliche Mischung, auf die man sich erst einmal einlassen muss, die die Faszination bei der Lektüre weckt. Um was geht es, wie hängt alles miteinander zusammen, was steckt hinter den vielen Rätseln, die den Erzählern und mit diesen uns begegnen? Fragen, die mich bei der Lektüre umtrieben. Hier übt der Text einen Reiz aus, trotz seiner Sperrigkeit weiterzulesen, mitzudenken und zu erforschen, was hinter den Mysterien steckt.

Interessant auch die mehr als ungewöhnliche Beziehung A.s zu seiner Begleiterin. Er, der Forscher, der plötzlich nicht mehr nötig hat zu arbeiten, und dort die stumme siebzehnjährige Punkerin aus Irland, die sich zueinander hingezogen fühlen, aber – noch – keine wirkliche Liebesbeziehung führen. Dabei ist es fast schon unwichtig, dass die Auflösung der Rätsel so manches Mal unlogisch ist, dass die Nebenfiguren lediglich skizzenhaft gezeichnet werden, dass der Plot in sich wenig wirklichen Sinn macht. Vorliegend ist der Weg das Ziel, die Auflösung beinahe unwichtig.

Kein grandioser, großer Roman, aber ein durch seine handwerkliche Anlage interessantes Buch.

Edgar Cantero: Mörderische Renovierung.
Golkonda Verlag, Oktober 2018.
420 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,90 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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