Diane Cook: Die neue Wildnis

Amerika (oder irgendein anderer Ort auf der Welt) in nicht allzu ferner Zukunft: Alle Menschen leben in gigantischen, verdreckten Städten, die nur aus gedrängten Hochhäusern bestehen und in denen die Luft pures Gift für menschliche Atemwege ist. Alle Flächen im Umland müssen für die Versorgung der Städte oder zur Lagerung von Müll genutzt werden. Immer mehr Menschen werden krank aufgrund der ungesunden Bedingungen und da das Land ohnehin heillos überbevölkert ist, hat die Versorgung dieser Kranken keine Priorität.

Auch Beas kleine Tochter Agnes ist krank. Als klar ist, dass ihre Lunge die vergiftete Atemluft nicht mehr lange aushalten wird, entschließt sich Bea dazu, ihr altes Leben zu verlassen. Im Rahmen einer Studie will sie zusammen mit Agnes, ihrem Lebensgefährten Glenn und 17 weiteren Freiwilligen in den Wildnis-Staat gehen, um dort als Nomaden zu leben. In diesem letzten geschützten Nationalpark soll erforscht werden, wie die Gruppe mit der so rar gewordenen Natur interagiert.

„Die neue Wildnis“ steigt einige Jahre später in das Geschehen ein, als Bea, Agnes und Glenn bereits seit langer Zeit im Wildnis-Staat leben. Von den zwanzig Teilnehmern leben nicht mehr alle, einige sind ertrunken, von einem Puma gerissen oder einen Berghang hinuntergestürzt. Agnes ist ein Kind der Wildnis geworden, während Bea noch immer mit ihrem Rückzug aus der Zivilisation hadert. Die Ranger, die anfangs noch häufig Kontakt aufnahmen und Daten von der Gruppe sammelten, melden sich inzwischen nur noch seltener. Und wenn doch mal ein Ranger auftaucht, dann nur, um Verstöße gegen das „Handbuch“ zu bestrafen oder die Gemeinschaft zu weit entfernten Posten zu schicken.

Cooks erster Roman ist eine düstere Zukunftsvision, die Fragen aufwirft. Wie werden die Menschen eines Tages leben können, wenn Klimawandel und Bevölkerungswachstum noch größere Wirkungen zeigen als heute? Doch davon abgesehen ist „Die neue Wildnis“ noch Vieles mehr.

Cook erzählt uns außerdem die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung und liefert Beobachtung gruppendynamischer Prozesse in einer extremen Situation. Nicht zuletzt erhält die Leserschaft zudem einen sehr ausführlich recherchierten Einblick in das primitive Leben in der Wildnis.

Ein vielschichtiger Roman also, der zusätzlich vom angenehmen Schreibstil und den eingängigen Beschreibungen der Autorin profitiert. Von mir eine klare Leseempfehlung.

Diane Cook: Die neue Wildnis.
Aus dem Englischen übersetzt von Astrid Finke.
Heyne, Mai 2022.
544 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sarah Beumer.

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