David Jackson: Der Bewohner

„… Der Plan hatte diese Entwicklung nicht vorgesehen. Der Plan sollte Spaß machen. Und das hier macht keinen Spaß.“ (S. 232)

Thomas Brogan ist ein erfolgreicher Serienkiller. Und weil er schlau und äußerst durchtrieben ist, gelingt ihm stets die Flucht vor der Polizei. Seine letzte Flucht hätte beinahe ein Desaster werden können, doch in letzter Sekunde findet er ein verlassenes Reiheneckhaus, in das er einbricht. Dort wartet er ab, bis die Polizei ihre Suche ausgeweitet hat. In dem heruntergekommenen Haus findet Brogan weder Wasser noch Nahrung, doch etwas anderes lässt ihn hoffen. Er kann über den Dachboden die Nachbarhäuser aufsuchen, weil die Trennwände zwischen den Häusern nur halbherzig hochgezogen worden sind. So nach und nach lernt Brogan seine Nachbarn kennen. Überraschenderweise rührt die alte Dame Elsie sein Herz, weil sie ihn an glückliche Momente in seiner Kindheit erinnert, während die attraktive Colette seine Begierden weckt. Viel zu lange redet er sich ein, noch etwas in seinem Versteck bleiben zu wollen, bis seine perfiden Spielchen mit den Bewohnern zu unerwarteten Wendungen führen.

Der Engländer David Jackson fiel bisher mit dem Schreiben von Serien auf oder als Dozent in Liverpool. Der Thriller Der Bewohner, übersetzt von Sabine Schilasky, fällt in mehrfacher Hinsicht angenehm auf: Abgesehen davon, dass es sich um eine abgeschlossene Geschichte handelt, hat er das Kunststück vollbracht, aus der Perspektive des Serienkillers Brogan zu erzählen. Der fünfundzwanzig Jahre alte Thomas hat in seiner Kindheit schon viel erlitten. Gewalt und Ablehnung gibt er nun weiter, häufig unter der Anleitung seines abgespaltenen, rachsüchtigen Ichs. Auf diese Weise ist Brogan nie allein, sein zweites Ich kommentiert und wütet, wenn etwas in die falsche Richtung zu laufen droht. David Jackson fügt sehr geschickt die inneren Dialoge in die Handlung ein, die den Handlungsablauf ungemein spannend gestalten.

„… Emotionale Bindungen sind gefährlich. Gerade du müsstest das allmählich begriffen haben
Sei still!
Denk an Mitzy. Deine Eltern
Ich habe gesagt, du sollst still sein!
Brogan hielt sich die Ohren zu, um die Stimme auszusperren … Volle zwei Minuten vergingen, bis er die Sinnlosigkeit seines Tuns begriff.“ (S. 233)

Streitgespräche mit dem zweiten Ich und Situationskomik schenken dem extrem kurzweiligen Thriller eine besondere Note, die einfach nur Spaß macht.

David Jackson: Der Bewohner.
rororo, Dezember 2020.
368 Seiten, Taschenbuch, 12,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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