David G. Haskell: Der Gesang der Bäume

Haskell betrachtet alles Leben als Teil einer großen Lebensgemeinschaft, in der die Bäume eine ganz spezielle Rolle spielen.
So beschreibt er im Besonderen ein Beziehungsnetzwerk der Bäume und stellt gleichermaßen weitreichende Zusammenhänge über die Verbundenheit allen Lebens her.

Haskell hat seine ureigene Sichtweise, ja Beziehung zu den Bäumen entwickelt. Für ihn sind sie mit unserem vergangenen und zukünftigen Leben verwoben.

Die ersten Kapitel handeln von Bäumen in menschenleeren Gegenden.
Die mittleren Kapitel beziehen sich auf Überreste von Bäumen wie Baumfossilien oder Holzkohle, die noch von den Eiszeitmenschen stammt. Hier greift Haskell den Zusammenhang von Biologie und Geologie auf.
Am Ende befasst der Autor sich mit den Bäumen, die inmitten menschlicher Zivilisation stehen.

Seine Studien beziehen sich auf Bäume in der ganzen Welt, in unterschiedlichsten Regionen. So lesen wir vom Kapokbaum am Amazonas, dem Olivenbaum in Israel, der Balsamtanne in Kanada, weiter von Palmettopalme, Rotesche, Hasel, Mammutbaum, Gelbkiefer, Pappel.

Unter dem Kapitel über die Rotesche schreibt Haskell unter anderem: „Wenn ein Lebewesen – ein Mensch, ein Baum oder eine Meise – stirbt, verliert das Netzwerk des Lebens einen Knoten mit seinen Erinnerungen, Zwiegesprächen, Beziehungen und seiner Intelligenz… Die Lebewesen, die auf den lebenden Baum angewiesen sind, verlieren einen lebenswichtigen Kontakt…“

Unter den Erläuterungen über den Kapokbaum werden wir nicht nur mit dem wunderbaren Ökosystem im Amazonasgebiet vertraut gemacht, sondern auch für die Gefahren, die von den Ölfeldern dort ausgehen, sensibilisiert. Gleichermaßen lässt Haskell Poesie einfließen: „Das Moos hat sich in die Luft erhoben. Es fliegt mit Flügeln, so zart, dass das durchscheinende Licht es kaum bemerkt: Die Sonne schenkt ihm nur einen Hauch von Farbe…“. Oder: „Der Wald legt seinen Mund auf alle Lebewesen und atmet aus“.

Egal, ob der Autor das unterschiedliche Rauschen der Blätter, die vielfältigen Töne, die je nach Wetterlage und Jahreszeit von einem Baum ausgehen, erläutert (zum Beispiel anhand der Aufprallenergie des Regens „das rasante Schreibmaschinengeklapper einer Würgefeige“, oder „ein helles, hohes Schnipsen von steifen Tellerblättern, wie Funken sprühendes Metall“) oder ob er seine Betrachtungen über Pilze und Kleinlebewesen, die von/mit einem Baum leben, darstellt – seine Ausführungen lesen sich detailgenau, treffsicher und letztlich sogar poetisch.

David G. Haskell lehrt als Professor für Biologie an der University of the South und lebt in Sewanee, Tennessee. Neben wissenschaftlichen Arbeiten hat er Essays und Gedichte veröffentlicht. Für Das verborgene Leben des Waldes erhielt er 2013 den Best Book Award der National Academies.

David G. Haskell: Der Gesang der Bäume: Die verborgenen Netzwerke der Natur.
Verlag Antje Kunstmann, August 2017.
320 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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