Daniel O’Malley: Codename Blade – Die übernatürlichen Fälle der Agentin Clements

Das Empire ist in Gefahr. Nun könnte man ja meinen, dass das Britische Weltreich in seiner langen, wechselvollen Historie schon so manches überstanden hat – den Verlust der Kolonien, das Frauenwahlrecht, den Terror der IRA, die EU und die Eiserne Lady – doch seit Jahrhunderten wartet eine größere Gefahr darauf, die Bollwerke des Empires zu stürzen. Übernatürliche Wesen, Bedrohungen und Gefahren suchen die große Insel in der Nordsee heim und bedrohen die Kultur, die ihren Bürgern die Pubs, das Pferde- und Windhundrennen, Kricket und die Clubs beschert hat.

Zum Glück gibt es da eine natürlich höchst geheime Regierungsgesellschaft, Checquy genannt, die sich um die Gefahren kümmert. Seit ihrer Gründung requirieren sie Kinder, die besondere, man könnte getrost übernatürliche Talente offenbaren für sich und schulen sie im Kampf gegen das Böse.

Schon einmal, 1677, mussten diese mit letztem Einsatz auf der Isle of Wight einen Angriff der Belgier zurückgeschlagen. Belgien ist, wie man weiß, ein kleine Nation, die uns Kalorienbomben in Form von Pralinen und Pommes Frittes beschert hat. Was kaum Jemand ahnt ist, dass ausgerechnet in Belgien die Züchter, sie selbst bezeichnen sich als Broederschap, gegründet wurden. Eigentlich forschten die Wissenschaftler nur am ewigen körperlichen Leben – das Ziel haben sie, wie das Meiste, was sie sich vornehmen erreicht – inzwischen rüsten sie Menschen mittels Operationen so auf, dass aus diesen unbezwingbare Krieger werden. Die Chacquy rekrutiert sich aus übernatürlich Begabten, die Broederschap aus Menschen, die technisch-operativ verändert wurden – so kann man das getrost und knapp zusammenfassen.

Der seit Jahrhunderten andauernde Konflikt der beiden Gesellschaften soll, so die Anführer beider Organisationen, friedlich beigelegt werden. Eine Allianz steht an, eine Delegation der Züchter weilt im Londoner Ordenshaus – und dann schlägt Murphy zu – sie wissen schon, alles was schief gehen kann, wird schief gehen – und zwei ungleiche Frauen dürfen sich gemeinsam dem unbekannten Aggressor stellen. Und unsere Beiden sind weder über ihre Partnerin noch über den Gegner sonderlich glücklich.

Codename Rook, der erste Band des bis dato Zweiteilers einer neuen Urban Fantasy Reihe, war für mich eine der Überraschungen des letzten Jahres. Hier erhob ein junger australischer Autor seine Stimme, unterhielt ebenso tempo- wie ideenreich und auch der Humor kam nicht zu kurz.

Entsprechend machte ich mich mit hohen Erwartungen an die Fortsetzung, in der andere weibliche Figuren die Erzählerrolle übernahmen. Nun, der Anfang bot sich ein wenig, wie soll ich sagen, zögerlich an. Die der Welt der beiden Gesellschaften kundigen Leser hatten einen klaren Startvorteil, dennoch war zunächst weder klar, wer im Fahrersitz Platz nehmen sollte, sprich wer wirklich im Zentrum des Plots stehen, noch, um was es eigentlich gehen sollte.

Erst nach gut einem Drittel des umfangreichen Buches wird deutlich, dass uns der Autor seine Geschichte aus der Sicht von zwei jungen Frauen, die sich aus dem Umfeld der beiden Geheimgesellschaften rekrutieren, erzählt. So unterschiedlich ihrer Herkunft, ihre jeweilige Vita und ihre Einstellungen auch sind, nur zusammen können sie die sich abzeichnende Bedrohung abwenden. Und die Gegner haben es in sich – rekrutieren sie sich doch aus – nein, das wird nicht verraten, aber Insiderwissen haben sie auf jeden Fall. Und skrupellos sind sie auch. Der Rest ist eine Aneinanderreihung von Verwicklungen, Geheimnissen und Kämpfen.

Das liest sich kurzweilig, packend und spannend, verwöhnt mit einer Prise nicht-britischem Humor und wird letztlich zu einem in sich runden Abschluss gebracht.

Daniel O’Malley: Codename Blade – Die übernatürlichen Fälle der Agentin Clements.
Blanvalet, November 2019.
896 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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