Claire Lombardo: Der größte Spaß, den wir je hatten

Claire Lombardo (Jahrgang 1989) ist US-Amerikanerin und arbeitete als Sozialarbeiterin und PR-Agentin.  2019 legte sie mit „Der größte Spaß, den wir je hatten“ ihren Debütroman vor.

Darin die Geschichte der Familie Sorenson aus Oak Park in Illinois, wo Lombardo selbst auch geboren wurde. Marilyn und David Sorenson sind seit vierzig Jahren verheiratet und haben vier Töchter. Wendy, Violet, Liza und Grace versuchen, jede auf ihre Art ihre Leben in den Griff zu bekommen und vielleicht so glücklich zu werden, wie ihre Eltern. Marilyn und David haben sich in den 1970er Jahren während des Studiums kennengelernt.  Sie verlieben sich ineinander, Marilyn wird schnell schwanger, gibt ihr Studium auf. David wird Arzt. Nach Wendy, der Erstgeborenen, kommt Violet nur zehn Monate später zur Welt. Liza folgt wenige Jahre darauf und Grace als Nesthäkchen mit einem Abstand von neun Jahren auf Liza. Sie ziehen von Iowa City in Marilyns Elternhaus in die Fair Oaks. Marilyn ist Hausfrau und Mutter, David macht eine Arztpraxis auf. Die Töchter sind grundverschieden. Wendy heiratet den vermögenden Miles, der bald darauf stirbt. Violet wird Anwältin, heiratet den erfolgreichen Matt und bekommt zwei Jungen. Liza ist Professorin und ungewollt schwanger von ihrem depressiven Freund Ryan und Grace: Gracie zieht aus, um ein Jurastudium zu beginnen. Dann taucht plötzlich der fünfzehnjährige Jonah auf. Jonah ist Violets erstes Kind, das sie sofort nach der Geburt zur Adoption frei gab. Und damit entwickeln sich für alle Familienmitglieder unerwartete Turbulenzen.

Erst einige Monate nach dem Erscheinungstermin von Claire Lombardos erstem Roman im September 2019 bin ich auf ihn aufmerksam geworden. Zum Glück. Denn die Geschichte der Sorensons ist eine überaus gelungene Familien-Saga, in die ich während der Zeit zwischen den Jahren regelrecht versunken bin. Ungefähr ab der Mitte des Buches habe ich mich gezwungen, immer langsamer zu lesen, weil ich das Ende der Geschichte herauszögern wollte. Dabei erzählt „Der größte Spaß, den wir je hatten“ gar nichts Spektakuläres, Besonderes oder Einzigartiges. Und trotzdem bin ich als Leserin gefesselt vom Leben der Familie Sorenson. Claire Lombardo schreibt stil- und wortsicher. Sie komponiert ihre Figuren authentisch und lebendig. Jede bleibt dem Lesenden lange in Erinnerung. Die Dialoge sind echt, den Stimmungen der Personen angepasst. Nichts an ihnen wirkt hölzern oder konstruiert. Die Familie Sorenson wächst einem beim Lesen ans Herz. Spannung entwickelt sich durch die Verwendung von Zeitsprüngen, durch geschickt gesetzte „Cliffhanger“ und durch die feinen Charakterzeichnungen der Figuren. Lombardo breitet ihre Geschichte aus von den Beziehungsanfängen der Eltern Marilyn und David in den 1970er Jahren über die Geburten ihrer Töchter bis zu den aktuellen Leben aller Familienmitglieder, in denen jeder und jede seine bzw. ihre Geheimnisse hat. Sie endet im Dezember 2017 mit einem zweiten Thanksgiving (eine Idee, die auf Davids Vater Richard zurückgeht), zu dem sich (typisch amerikanisch) die ganze Familie trifft. Den zur Adoption freigegebenen Jonah zum Kristallisationspunkt der Geschichte zu machen, ist ein weiterer gelungener Kniff, der dem Roman Tempo und Esprit gibt. Lombardo singt kein Loblied auf die Familie, aber sie setzt ihr mit Respekt und Wertschätzung ein lesenswertes literarisches Denkmal. Das Buch zu lesen, war vielleicht nicht „der größte Spaß, den ich je hatte“. Aber es war mir ein sehr großes Vergnügen. Bitte lesen Sie selbst!

Claire Lombardo: Der größte Spaß, den wir je hatten.
dtv, September 2019.
720 Seiten, Gebundene Ausgabe, 25,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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