Chrystia Freeland: Die Superreichen

chrVermutlich möchte jeder Mensch insgeheim reich sein. Jeder hat Wünsche, für die das Kleingeld noch fehlt. Nicht umsonst spielen viele von uns regelmäßig Lotto, kaufen Wettscheine oder Aktien. Irgendwie muss man doch zu Wohlstand kommen, um anderen zeigen zu können, man habe im Leben etwas erreicht. Beispielsweise gehen die Kinder auf Eliteschulen und -universitäten, oder A-Prominente erscheinen auf Bestellung. Man hat seine Leute, die auf Kommando springen; der Privatjet erleichtert diverse geschäftliche Besprechungen auf dem gesamten Globus. Deshalb benötigt man auch in den wichtigen Metropolen Immobilien, um einen Zwischenstopp im privaten Umfeld zu genießen. Politiker werden mit Spenden gefördert und „erzogen“; Heerscharen von Fachleuten verwandeln Wissensvorteile in klingende Münzen, die wiederum zahlreiche Kinder und Kindeskinder bekommen, bis man gar nicht mehr so genau weiß, auf welchem Konto in welchem Land wie viele Hunderte von Millionen gerade Urlaub machen, weil sie bei Bedarf in Bruchteilen von Sekunden über die ganze Welt transferiert werden, um sie immer weiter und weiter zu vermehren. Selbstverständlich wird auch gespendet: Die Unis sorgen für das Heranzüchten bestimmter Fachleute; Forschungsanstalten erstellen die erforderlichen Gutachten als Grundlage für neue Gesetze, die dann wiederum von den eigenen Fachleuten geschrieben und mit Hilfe dankbarer Politiker verabschiedet werden. Die neuen Milliarden gelangen – wie gewohnt – auf die diversen firmeneigenen Konten, mit deren Hilfe immer neue Heerscharen von „Freunden“ und „Mitarbeitern“ für ein großzügiges Honorar Geschäftsfelder öffnen. Und immer wieder flutet immer mehr Geld über die eigenen Konten. Inzwischen besitzen wenige Menschen die gesamte Erde, während 99,9 % der Menschheit mit dem täglichen Überleben beschäftigt ist oder dem Shoppen, dem von Medien gelenkten Konsum.
Die amerikanische Wirtschaftsjournalistin Chrystia Freeland hat für ihr Sachbuch „Die Superreichen – Aufstieg und Herrschaft einer neuen globalen Geldelite“ tief in ihr Archiv gegriffen und zahlreiche Männer vorgestellt, die auf eine bestimmte Art superreich wurden, speziell denken und arbeiten, während sie mit Geld andere epidemisch manipulieren.
„Auch Sie könnten Milliardärin werden, wenn Sie nach Indien ziehen würden“, versicherte er mir. „Alles, was Sie brauchen, ist das Glück, den richtigen Regierungsvertreter zu treffen, und die Bereitschaft zu dem Risiko, ins Gefängnis zu kommen.“ (Seite 232)
Die Sprache der Wirtschaftsjournalistin ist häufig nicht einfach, mal liegt die Ursache an der Übersetzung oder in komplizierten Satzstrukturen gepaart mit einem Informationsfeuerwerk. Fachkenntnisse helfen bei der anspruchsvollen Lektüre.
Die Frage, was in naher Zukunft aus unser aller Leben wird, wenn ein einziger Fondsmanager 4.000 Milliarden Dollar verwaltet, lässt Chrystia Freeland offen. Der Leser könnte hierfür gegebenenfalls sein direktes Umfeld analysieren und eigene Überlegungen versuchen. Warum wohl für so vieles das nötige Geld fehlt, ist nach der Lektüre jedenfalls keine Frage mehr.

Chrystia Freeland: Die Superreichen.
Westend, August 2013.
368 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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