Christina Baker Kline: Der Zug der Waisen

zugMaine, 2011: Die 17-jährige Molly ist als Pflegekind seit Jahren von Familie zu Familie gereicht wurden. Als sie in einer Bibliothek ein Buch mitgehen lässt, wird sie zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit verdonnert, um einem Jugendarrest zu entgehen. Diese Stunden soll Molly bei der alten Vivian ableisten, die einen Dachboden voller Erinnerungen hütet. Die meisten der Kisten führen zurück ins Jahr 1929 und die Jahre danach. Denn damals verlor Vivian ihre Familie, ja sogar ihre Identität und fuhr mit den Waisenzügen ins Landesinnere, auf der Suche nach einer neuen Familie und einer neuen Aufgabe. Doch Vivian hatte nicht immer Glück und schon bald wird Molly klar, dass die beiden mehr verbindet als nur die lästige Aufgabe.

Im ständigen Wechsel wird Mollys Geschichte und Vivians Erlebnisse in der Vergangenheit thematisiert, wobei die Vergangenheit deutlich überwiegt. Dabei schreib Christina Baker Kline sehr abgeklärt und oft eher gefühllos und distanziert. Man kommt den Figuren dadurch leider wenig nahe. Vor allem Vivian, deren tiefste Geheimnisse man eigentlich erfährt, bleibt seltsam fremd. Zu Molly erhält man immerhin einen gewissen Draht, vielleicht weil ihre Lebenswelt der unseren näher ist als die von Vivian, die bei den Familien oft Arbeiten für unsonst verrichten musste und ständig ausgenutzt wurde. Molly hingegen ist ein Trotzkopf, misstraut allem und jedem und hat zumindest in Schulfreund Jack einen wichtigen Halt in ihrem Leben gefunden.

Warum das Buch dennoch gut ist? Das liegt an der erzählten Geschichte, denn die hat Potenzial und viele interessante Ecken, die es zu entdecken gibt. Hier wird ein spannendes Stück Geschichte aufgearbeitet und trotz der Distanz zu den Figuren geht das Erzählte doch ein wenig zu Herzen, was mehr an den Themen an sich als an der Schreibe der Autorin liegt. Dieses Buch lässt sich insgesamt gut lesen, allerdings ohne sonderlich in Erinnerung zu bleiben.

Gut zu lesen, aber nicht überragend!

Christina Baker Kline: Der Zug der Waisen.
Goldmann, November 2014.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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