Charles Bukowski: Über das Schreiben

Charles Bukowski kann man vermutlich zu den eigenwilligsten und schillerndsten Autoren der moderneren Literaturgeschichte zählen. Er hat auch heute noch, mehr als 20 Jahre nach seinem Tod im Jahr 1994, eine große Anhängerschaft und seine Erzählungen und Gedichte sind nach wie vor beliebt.

Bukowski zeichnete sich sowohl in seiner Art zu leben als auch zu schreiben durch eine besondere Individualität aus. Irgendeine Art der Anpassung an den Mainstream war ihm völlig fremd und, ich vermute, sogar zuwider. Das, was er schrieb, hatte häufig eng mit seinem eigenen Leben und Erleben zu tun. Viele seiner Werke haben autobiographische Züge und handeln von Alkoholikern (er selbst war lange einer), Kriminellen und anderen Existenzen auf der weniger erfolgreichen Seite des Lebens.

Vielleicht kann man sagen, dass Bukowskis Werk sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass es einen unverschleierten Blick auf das Leben erlaubt, der nicht durch schriftstellerische Techniken geschönt oder gar verbaut ist? Zumindest ist das mein Eindruck, nachdem ich das im August erschienene Buch ‚Über das Schreiben‘ gelesen habe.

‚Über das Schreiben‘ ist aber keinesfalls ein von Charles Bukowski verfasster Ratgeber für angehende Schriftsteller, wie ihn etwa Stephen King oder andere renommierte Autoren verfasst haben. Es ist eine Sammlung von Briefen, die Bukowski an Verleger, Freunde, Gönner und Schriftstellerkollegen geschrieben hat. Insofern ist der Titel vor dem Hintergrund der zahlreichen Schreibratgeber zumindest etwas missverständlich.

Trotzdem kann das Buch natürlich auch für den angehenden Schriftsteller sehr lehrreich sein. Denn es zeigt deutlich, dass es alles andere als selbstverständlich ist, dass ein Verlag direkt das erste eingesandte Manuskript annimmt. Anhand der zahlreichen chronologisch sortierten Briefe lässt sich wunderbar die Zähigkeit und die unbändige Schreiblust miterleben, die Bukowski nach und nach den verdienten Erfolg brachten.

Beginnend im Jahr 1945 mit einem kurzen Brief an den Herausgeber des Magazins Story, in dem er 1944 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, verfolgt der Leser das Leben und Schreiben Bukowskis nicht anhand einer Nacherzählung, sondern er blickt Bukowski direkt über die Schulter. Er erlebt in dessen eigener Sprache Höhen und Tiefen, Erfolge und Misserfolge seines schriftstellerischen aber auch seines privaten Lebens mit. So spielen die Themen Alkohol und Glücksspiel immer wieder eine Rolle.

Der letzte im Buch abgedruckte Brief datiert vom 1. Februar 1993. Etwas mehr als ein Jahr vor seinem Tod bedankt sich der mittlerweile bekannte und erfolgreiche Autor beim Herausgeber der Zeitschrift Poetry, dass dort drei seiner Gedichte abgedruckt wurden. Es war für ihn etwas Besonderes, da ihm genau dies über mehrere Jahrzehnte nicht gelungen war: ‚Ich weiß noch, wie ich als sehr junger Mann in der Stadtbücherei von L.A. saß und die Poetry las. Jetzt, endlich, bin ich mit dabei. […] Danke vielmals, denn so fängt das neue Jahr gut für mich an.‘ (Seite 258)

Fazit: Das Buch ist meiner Meinung nach vor allem für Bukowski-Fans ein Muss. Einen besseren und lebensnäheren Einblick in das Wirken dieses großen Schriftstellers kann auch die beste Biographie über ihn kaum bieten.

Charles Bukowski: Über das Schreiben: Briefe an meine Weggefährten und Gönner.
Kiepenheuer&Witsch, August 2017.
288 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Christian Rautmann.

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