Nora Krug: Im Krieg

Tagebücher in Art einer Graphic Novel – Kriegseindrücke aus Kiew und St. Petersburg

Die Autorin und vor allem Illustratorin dieses Buches ist eine vielfach preisgekrönte Deutsche mit Wohnsitz in New York. Am ersten Tag des Angriffs Russlands auf die Ukraine hat sie Kontakt aufgenommen zu zwei ihr bisher unbekannten Personen, einer Journalistin in Kiew und einem Künstler in Russland.

Beide haben ihr über 52 Wochen, während des ersten Jahres der Kriegshandlungen, ihre Gefühle, ihre Eindrücke, ihre Sorgen und kleinen Freuden geschildert. Entstanden ist ein einerseits sehr bedrückendes und berührendes Buch, andererseits stellt man sich bei und nach der Lektüre auch noch immer viele Fragen.

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Thomas Harding: Hanns und Rudolf

Interessante Doppelbiografie von Jäger und Gejagtem

Erst bei der Trauerfeier für seinen Großonkel Hanns erfuhr Thomas Harding dessen Geschichte. Erfuhr, was Hanns Alexander während und nach dem zweiten Weltkrieg geleistet und vor allem, wen er verhaftet hatte.

Diese Geschichte des Jägers Hanns Alexander, Jude aus Deutschland, und des Gejagten Rudolf Höss, Leiter des Konzentrationslagers Auschwitz, erzählt der Autor nun in dieser Doppelbiografie.

Doch bevor aus Hanns der Jäger und aus Rudolf der Gejagte wurde, war es umgekehrt. Rudolf Höss, 1901 in Baden-Baden geboren und zeit seines Lebens williger Befehlsempfänger, hatte keine Skrupel, Juden, Andersdenkende und Kriegsgefangene zu jagen, einzusperren, zu quälen und zu töten.

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Djaili Amadou Amal: Die ungeduldigen Frauen

Munyal, Geduld, ist das allerwichtigste Gebot im Leben der Frauen aus dem Volk der Fulbe im Norden Kameruns. Die Fulbe sind Moslems. Die Polygamie ist weit verbreitet. Frauen werden zwangsverheiratet, sind häuslicher Gewalt ausgesetzt und haben keinerlei Möglichkeiten, ihren Vätern, Onkeln, Ehemännern zu entkommen. Ist der Mann mit seiner Frau unzufrieden, hat sie zu wenig Munyal gezeigt. Schlägt er sie, ist das ihre Schuld, sie hat zu wenig Munyal.

Ein Mann ist der absolute Herr über den Körper und das Leben seiner Frau. Er kann mit ihr machen, was er will. Djaili Amadou Amal wurde selbst mit siebzehn Jahren zwangsverheiratet. Sie weiß, wovon sie schreibt. Das Buch jagt einem eine Gänsehaut über den Rücken. Es geht um Ramla, ihre Halbschwester Hindou und Safira, die erste Frau von Ramlas Ehemann. Ramla hat alles darangesetzt, um bis zum Abitur in die Schule gehen zu dürfen. Sie entspricht allen Erwartungen, begehrt nie auf und hofft, Pharmazie studieren zu können. Dreißig Kinder hat ihr Vater. Ramla ist die gebildetste von allen ihren Schwestern und verlobt mit dem besten Freund ihres Bruders.

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Susan Sontag: Über Frauen

Dass Susan Sontags Gedanken ihrer Zeit immer ein Stück voraus waren, beweisen ihre intellektuellen Texte über Frauen in diesem Buch. Ihr Sohn David Rieff hat hier mehrere Essays seiner Mutter, die sie in den Siebzigerjahren, vor allem in New Yorker Magazinen oder der „Vogue publiziert hat, zusammen mit verschiedenen Interviews aus „Salmagundi-Magazinen herausgebracht.

Heute, ein halbes Jahrhundert später, ist Susan Sontags Sichtweise noch immer bestechend klar und erfrischend aktuell.

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Nico Semsrott: Brüssel sehen und sterben

Rechtzeitig vor der Wahl im Juni 2024 erscheinen Nico Semsrotts Einblicke in die Machenschaften im Europäischen Parlament, dessen Verwaltungsapparat 8000 Menschen umfasst. Semsrott selbst ist „aus Versehen“ im EU-Parlament gelandet, wie er berichtet. Zusammen mit Martin Sonneborn wurde er von beinahe 900000 Personen für „Die Partei“ gewählt. Er betrachtete sein Antreten für die Satirepartei als Freiheit zum Experiment. Seit 2019 gehört Semsrott nun dem Europaparlament an und übt dort mit über 700 weiteren Abgeordneten den „merkwürdigsten Job der Welt“ in seinem Medien-bekannten Outfit, dem Kapuzenpullover, aus. Die Einblicke, die uns der Satiriker und Komiker gewährt, wären ganz lustig, wenn sie nicht tatsächlich wahr wären. Es geht nicht nur um unsinnige Steuerverschwendungen. Die Verstrickungen der Parlamentarier, die sich ihre Regeln selbst entwickeln, lassen nicht nur an der Ernsthaftigkeit dieser Institution zweifeln, sie sind auch schwer zu ertragen. Und das ist noch gelinde ausgedrückt. „Ertragen können muss man in diesem Beruf Dummheit, Ignoranz, Langeweile, Geld- und Lebenszeitverschwendung und krasse Ungerechtigkeiten.“ (S. 17)

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Marie Benedict: Das verborgene Genie

Ihre Entdeckungen zur DNA veränderten die Welt. Den Nobelpreis haben aber drei andere – allesamt Männer – einkassiert. Die Rede ist von der Biochemikerin Rosalind Franklin. Dieser Roman zeigt allzu deutlich, wie die Ideale der Wissenschaft durch Wettkampf, der Gier nach Geld und Ruhm verraten wurden. Wie Franklin systematisch als „alte Jungfer“ oder „hysterisches Weib“ diffamiert wurde, damit sich andere in den 1950er Jahren ihre Errungenschaften unter den Nagel reißen konnten. Und dass Frauen im Bereich der Wissenschaft zu allen Zeiten doppelt so gut sein mussten, um am Ende nicht einmal die Hälfte der Lorbeeren zu erhalten. Der Preis, den Rosalind Franklin für ihre Hingabe zur Forschung zahlte, war hoch. Schön, dass Marie Benedikts neuester Geniestreich über Frauen im Schatten der Weltgeschichte dieses verleumdete Genie wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht. Für ihre Biografie nutzt sie nicht das Genre des Sachbuchs, sondern das der Belletristik, was Franklins Geschichte auf der menschlichen Ebene umso zugänglicher macht.

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Uwe Wittstock: Marseille 1940

Ein Thriller könnte nicht spannender sein.

Diese Geschichte stiller Helden, mutiger Frauen, kluger Männer und eines grausamen Krieges ist so fesselnd, so spannend und gleichzeitig so berührend, dass man sie geradezu verschlingt.

Der Autor Uwe Wittstock, dessen Buch „Februar 1933“ ich bisher noch nicht kenne (was ich aber unbedingt nachholen muss), erzählt hier von den vor dem Naziregime geflüchteten Literaten, Künstlern, Philosophen und ihrer Hoffnung auf Rettung. Ihrer Hoffnung auf Aufnahme in einem anderen Land, einem Land, dass sie nicht, wie das „freie“ Frankreich, an die Deutschen ausliefern würde.

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Sofi Oksanen: Putins Krieg gegen die Frauen

Drastische Schilderungen, die erschüttern  

Beim Lesen dieses Buches friert man, so gruselig, so beängstigend ist das, was die finnische Autorin hier schildert. Wenn auch der Titel des Buchs ein wenig in die Irre führt, geht es doch nicht nur um das, was Frauen geschieht, so ist es trotzdem ein wichtiges Buch.

Sofi Oksanen, in Finnland aufgewachsene Tochter einer Estin und eines Finnen, hat tiefen Einblick in die tragischen und erschreckenden Vorgänge in Russland und der früheren Sowjetunion. Was sie beschreibt, jagt einem beim Lesen Schauer über den Rücken und lässt umso mehr darauf hoffen, dass es der Ukraine gelingt, den Aggressor zu besiegen.

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Madeleine Becker: Hin und weg

In ihrem ersten Buch „Erstmal für immer – vom Hörsaal in den Kuhstall“ berichtet Madeleine Becker von ihrer Übersiedelung von Jena auf einen Bergbauernhof in Kärnten. Mit „Hin und weg“ legt sie nun die Fortsetzung ihres „Reality“-Buches vor. Die Anfangseuphorie ist verflogen und große Ernüchterung macht sich breit. Madeleine und ihr Freund Lukas arbeiten Tag und Nacht auf dem Hof seiner Eltern.

Quasi nebenher muss noch Zeit sein für Madeleines Online-Tätigkeiten und Lukas´ Brotberuf beim Roten Kreuz. Einerseits liebt Madeleine die Kühe, den großen Gemüsegarten, das Gewächshaus und die vielen Bauernhoftiere sehr, andererseits wird ihr so viel abverlangt, dass sie mehr als einmal an ihre psychische und physische Belastungsgrenze gerät. Hinzu kommt, dass die Arbeit der kleinbäuerlichen Betriebe nur sehr schlecht entlohnt wird. Der Milchpreis bewegt sich in einer lächerlichen Höhe. Obwohl Madeleine und Lukas beinahe Tag und Nacht arbeiten und es den Tieren nirgendwo besser gehen könnte als bei ihnen, haben sie nach drei Monaten unablässiger Schufterei 6,91 € auf dem Betriebskonto. Mehr bleibt in der Landwirtschaft nicht übrig.

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Simon Shuster: Vor den Augen der Welt

Packende Biografie des charismatischen ukrainischen Präsidenten

Der Mann ist ein Phänomen und die Meinungen über ihn gehen sicher weit auseinander. Dieses Buch erzählt seine Geschichte und beleuchtet seinen Charakter, sein Agieren und seine Entscheidungen, natürlich insbesondere vor dem Hintergrund des derzeitigen Krieges.

Der Autor Simon Shuster ist Korrespondent des Time Magazine und hatte die Möglichkeit, Wolodymyr Selenskyj über viele Jahre zu begleiten, zu beobachten und so entstand dieses ungemein spannende Buch. Shuster ist in Russland geboren und kam als Kind in die USA. Seit Jahren lebt er immer wieder auch längere Zeit in Kyjiw, seit der Annexion der Krim 2014 berichtet er regelmäßig aus der Ukraine.

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